Tukur-"Tatort": Genial oder schwachsinnig?

Er geht sicher als einer der ungewöhnlichsten "Tatort"-Filme aller Zeiten in die Geschichte ein: Einen Tag nach seiner Ausstrahlung erregt "Wer bin ich?" die Gemüter immer noch. Bei diesem Wiesbadener Krimi scheiden sich die Geister.

Der ungewöhnlichste "Tatort" aller Zeiten beschäftigt auch einen Tag nach seiner Ausstrahlung die Gemüter. Obwohl nur 7,09 Millionen Zuschauer den Krimi "Wer bin ich?" sahen, redet ganz Deutschland über den Film.

Das liegt an der Handlung, die eigentlich gar keine ist. Ulrich Tukur spielt Ulrich Tukur, der den "Tatort"-Kommissar Felix Murot spielt und des Mordes verdächtigt wird. Es geht um das eitle Gerangel unter eifersüchtigen Schauspielern, ARD-Redakteuren und Regisseuren. Am Schluss ist der Mord gar kein Mord, und Tukur wird von seinem Alter Ego Murot vorgehalten: "Uli, ihr Schauspieler geht mir sowas von auf die Nerven mit eurem Gequatsche: 'Die Rolle hat ein Eigenleben. Der Murot ist ein eigenständiger Charakter. Man muss sich ihm annähern, sich in ihn einfühlen.' Blablabla, das sagt ihr doch immer... Jetzt hast du den Salat."

"Viel Lärm um Nichts"

//Das war vielen Zuschauern einfach zu viel: "Die große Tatort-Verarsche: Dieser Krimi war totaler Mist!", wettert "bild.de": "Was vielleicht eine geniale Idee hätte sein können, der Film im Film, war am Ende nur ein Hirngespinst - und zu viel für meinen angestrengten Post-Feiertagskopf." Der Berliner "Tagesspiegel" sieht es ähnlich: "Viel Lärm um nichts. Wie eine russische Matroschkapuppe, man schält und schält, am Ende ist nichts drunter. Das Prinzip Metakrimi wird hier so sehr ausgereizt, dass es da eigentlich kein Zurück mehr geben kann."

"Ist das etwa die Weihnachtsfeier des HR (Hessischer Rundfunk - die Red.)", fragt sich die FAZ und kommentiert: "Die besten Voraussetzungen aber, am unpackendsten, unkriminalistischsten und grauesten "Tatort" des Jahres Gefallen zu finden, haben all jene, die Borges, Calvino und Nabokov in ihrem Bücherregal horten und bei Begriffen wie Metafiktion oder Intertextualität glänzende Augen bekommen."

Mit mehr Wohlwollen sieht es die "Süddeutsche Zeitung": "Der Zuschauer verliert garantiert den Überblick... Was auch immer derjenige, der sich diesen Plot ausgedacht hatte, genommen hat: Wir hätten gern dasselbe!"

"Ein Krimispaß vom Feinsten mit einen Knaller-Ende"

In einer Umfrage von "Spiegel.de" fanden dagegen 44,9 Prozent den ungewöhnlichen Tatort "einfach genial". Diese Begeisterung wird auch von Focus.de geteilt: "Normalerweise ermittelt er als LKA-Kommissar Murot. Doch diesmal ist es Schauspieler Ulrich Tukur selbst, der in seinem neuen "Tatort" nach einem Todesfall ins Visier der Polizei gerät. Hört sich verrückt an? Ist es auch - im besten Sinne.

Für "Stern.de" war das Ganze "eine komödiantische Abrechnung mit dem eitlen Film- und Fernsehgeschäft". Und das Onlineportal der "Stuttgarter Zeitung" schreibt: "Der Kunst-Krimi nimmt das Genre gekonnt auf die Schippe... Gefallen dürfte das nur einem Teil der Zuschauer. Egal aber, wie die Quote ausgefallen ist: als Genre-Statement wird "Wer bin ich?" "Tatort"-Geschichte schreiben.

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