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TRIER. (mew) Café au lait, Croissants und Edith Piaf – mit diesen Zutaten hat sich Hauptdarstellerin Claudia Felix auf die Bühnen-Uraufführung des französischen Flaubert-Werkes "Madame Bovary" eingestimmt. Erste Einblicke in die Produktion und deren Drumherum erhielt das Publikum am Sonntag im gut gefüllten Theater mit viel Spaß und Café.

 Claudia Felix und Klaus-Michael Nix in ihren von Oppermann auf den Leib geschriebenen Rollen als Emma und Charles Bovary.Foto: Melanie Wollscheid

Claudia Felix und Klaus-Michael Nix in ihren von Oppermann auf den Leib geschriebenen Rollen als Emma und Charles Bovary.Foto: Melanie Wollscheid

"Damals hab ich mit dem Stück nix anfangen können", beschreibt Lea Herges einen typischen Theaterbesuch mit der Schulklasse. Um dieser Ernüchterung vorzubeugen, wagt sich die 21-Jährige erstmalig in das Theatercafé zu "Madame Bovary". Nicht ganz unschuldig an dem töchterlichen Theaterfieber ist Mama Christa. Die studierte Romanistin hat eine Vorliebe für den Franzosen Flaubert. Ein Aspekt reizt sie ganz besonders an der Trierer Bühnenfassung: "Ich finde es gut, dass die Hauptrolle einer jungen Schauspielerin gegeben wurde - das zeugt von großem Vertrauen."Leidenschaft trifft Couch-Potatoe

Peter Oppermann hat "seiner" Emma Bovary, Claudia Felix, die Rolle nicht nur gegeben, sondern regelrecht auf den Leib geschrieben. Im vergangenen Sommer hat er die Ferien genutzt, um sich an seinem Berliner Schreibtisch inspirieren zu lassen. In rund zwei Monaten entstand so das Textbuch zu dem Mammutwerk. Wie dieses auf der Bühne wirkt, erlebten die Zuschauer am Samstag im Foyer. In der ersten Szene kristallisieren sich die konträren Lebensvorstellungen von Emma und ihrem Mann, einem Landarzt, heraus. Während sie, ergriffen von literarisch inspirierter Leidenschaft, vom Leben in der großen weiten Welt träumt, spielt Klaus-Michael Nix glaubwürdig den verwurzelten Couch-Potatoe Charles, der die Sehnsüchte seiner mit dem Paris-Baedeker hantierenden Frau (ähnliche Affinität zu diesem Reiseführer hegt die Elisabeth in Max Frischs "Homo Faber") nicht wirklich versteht. Erfüllender als ihre enttäuschende Ehe gestaltet sich die Liaison zu dem leidenschaftlichen Rodolphe, mit dem sie eine ebensolche Affäre beginnt - nur dumm, dass die Ambitionen des Lebemanns keinerlei Exklusivitäts-Anspruch haben und Emma für ihn nie mehr als ein weiteres Teil in seiner Trophäensammlung ist. Eventuelle Parallelen zwischen Rolle und Realität weist Tim Olrik Stöneberg vehement von sich, was das Publikum mit ungläubigen Lachsalven quittiert - vermutlich hat der legendäre textilarme Auftritt in "Ladies Night" seine Spuren hinterlassen.In einem Boot mit Bovary

Spuren historischer Natur der sonst modern ausgerichteten Inszenierung streuen die Kostüme, deren Zuschnitte allerdings "nicht sklavisch" aus dem 19. Jahrhundert stammen, wie Ursula Wandaress verrät. Anhand seines regen Briefwechsels mit Freund Louis Collet wird auch der Charakter des Romanciers Gustave Flaubert angerissen. "Er hat die Pointen gesetzt", attestiert Regisseur Karl-Georg Kayser, der im Laufe seiner Teamarbeit mit Oppermann Sympathien für die oft an gesellschaftliche Grenzen stoßende, aber dennoch handelnde Heldin entdeckte: "Manchmal wünscht man sich, mit der Bovary in einem Boot zu sitzen." Vorerst wird man wohl mit den Zuschauerrängen vorlieb nehmen müssen. Die Premiere am Sonntag, 19. Februar, ist allerdings bereits ausverkauft. Weitere Termine unter www.theater-trier.de

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