Vorfreude auf Russland, eher kritischer Blick auf Katar

Koblenz · Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat am Freitagabend die nach ihm benannte Theo-Zwanziger-Stiftung vorgestellt. Im TV-Interview äußert sich Zwanziger zur Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022.

(BP) Russland und Katar stehen im Fokus - und viele Fußball-Fans fragen sich, wie der Weltverband Fifa die Weltmeisterschaften an diese Nationen vergeben konnte. DFB-Präsident Theo Zwanziger bewertet die Entscheidungen im Exklusiv-Interview mit TV-Redakteur Björn Pazen unterschiedlich und äußert sich auch zum Thema Kommerz.

Weltweit stoßen die WM-Vergaben auf Kritik. Wie bewerten Sie die Entscheidungen?

Zwanziger: Ich sehe beide Entscheidungen unabhängig voneinander. Auf die WM 2018 in Russland freue ich mich sehr. Das wird ein tolles Turnier. Russland macht riesige Anstrengungen, um dieses Turnier zu organisieren und sich im Sport zu engagieren. Welchen Stellenwert der Fußball dort hat, zeigt sich darin, dass der ehemalige Verbandspräsident jetzt Sportminister ist. Dank dieser staatlichen Unterstützung wird es eine tolle WM. Aber ich denke natürlich auch an die Verlierer: Spanien und Portugal hätten die WM ebenfalls verdient gehabt. Auch über eine WM bei unseren Nachbarn in Belgien und den Niederlanden hätte ich mich natürlich gefreut.

Und was halten Sie von einer WM im Wüstenstaat Katar?

Zwanziger: Das kam für mich, wie sicherlich für viele, doch sehr überraschend. Ich habe die Entscheidung aber zu respektieren und denke, dass die Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees dabei auch alle Schwächen der Bewerbung hinterfragt haben. Man sollte jetzt das Positive sehen: Der Fußball kann gerade auch in dieser Region verbindend wirken. Die Spieler werden optimale Bedingungen haben, aber man muss eben auch an die Fans denken, die machen das Flair einer WM aus. Die Bedingungen vor Ort sehe ich für die Anhänger derzeit noch kritisch. Aber man hat ja noch zwölf Jahre Zeit, etwas zu ändern.

Wer war Ihr Favorit für 2022?

Zwanziger: Den USA hatte ich gute Chancen zugerechnet, aber auch Australien hatte ich auf der Rechnung. Es war indes absehbar, dass die Bewerbungen aus Südkorea und Japan wenig Aussichten auf Erfolg haben würden, schließlich war die WM erst vor acht Jahren in diesen beiden Ländern. Aber man hatte ja schon im Vorfeld der Abstimmung gehört, dass Afrika und Südamerika - die keine eigenen Bewerber hatten - Katar unterstützen.

Wie stehen Sie generell zur erstmaligen Doppelvergabe von zwei Weltmeisterschaften?

Zwanziger: Wenn man geahnt hätte, was im Vorfeld der Entscheidung berichtet würde, hätte die Fifa das womöglich anders geregelt. Aber es gab bei der Fifa ja Gründe für diese Doppelvergabe: Man wollte frühzeitig Klarheit schaffen - was auch Planungssicherheit für die Sponsoren bedeutet - und wollte auch die Kosten für die Bewerber im Rahmen halten. Der Aufwand für eine Bewerbung ist nun mal riesig.

Sie haben die Sponsoren angesprochen - geht es der Fifa nur um den Kommerz?

Zwanziger: Zunächst muss man klarstellen, dass die Einnahmen der Fifa nicht an Funktionäre oder Spieler gehen, sondern für Projekte des Weltfußballs aufgewendet werden. Daneben werden durch diese Einnahmen die WM-Turniere selber finanziert - speziell die Kosten der Teilnehmer. So hat die Fifa bei der WM in Südafrika rund 20 Millionen an den DFB als Teilnehmer gezahlt. Daneben muss man sehen, dass die Männer-Weltmeisterschaft die wichtigste Einnahmequelle für die Fifa ist. Mit den Einnahmen werden in den 203 Mitgliedsverbänden der Fifa viele Projekte zur Entwicklungshilfe des Fußballs finanziert, das Geld fließt also weltweit in die Infrastruktur des Fußballs. Das ist beim DFB auch nicht anders: Wir finanzieren unsere Basis durch die Einnahmen, die wir mit der Nationalmannschaft machen.

Welche Erwartungen Theo Zwanziger und Steffi Jones, die Chefin des WM-Organisationskomitees, an die Frauen-Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland haben, lesen Sie in den kommenden Tagen im großen TV-Doppel-Interview.

Extra

Die Theo-Zwanziger-Stiftung hat am Freitag ihre Arbeit aufgenommen. Der DFB-Präsident gründete die Stiftung, um im Fußballverband Rheinland den Mädchenfußball, aber auch Bildung durch Kunst und Kultur zu fördern. Das Stiftungskapital steuerte Zwanziger selber bei, für die Stiftungsarbeit rechnet er mit jährlichen Spenden im sechsstelligen Bereich. Vereine, aber auch Schulen und Kulturträger, können sich im Rahmen von Wettbewerben bewerben, eine Jury wird die Fördergelder dann verteilen. Dem Vorstand gehört unter anderen Ex-Nationalspielerin Steffi Jones (Chefin des Frauen-WM-Organisationskomitees) an. (BP)

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