Vorhang auf für "PuK"

Besuch des Museums für Puppentheater

Wer die Augsburger Puppenkiste liebt, ein Wiedersehen mit Robbi, Tobbi und dem Fliewatüüt feiern will oder seinen Kindern das Tor zu einer faszinierenden Fantasiewelt öffnen möchte, sollte unbedingt einen Ausflug nach Bad Kreuznach machen. Dort gibt es seit April des vergangenen Jahres das Museum für PuppentheaterKultur "PuK". Im Ensemble der Bad Kreuznacher Museen auf dem Gelände des Ritterguts Bangert wirkt ein Bau besonders anziehend: verspielte Backsteinarchitektur der Jahrhundertwende, stilvoll restauriert und ergänzt durch ein modernes Glas-Entrée, davor ein weitläufiger Platz mit geschnitzten Holzskulpturen. Die archaisch-abstrakten Menschenfiguren schaffen die Verbindung zur fantastischen Welt im Inneren, die sofort mit einem Überraschungsmoment aufwartet. Denn dort begrüßen den Besucher Leopold und Wolfgang Amadeus Mozart - buchstäblich am seidenen Faden hängend. So, wie vieles in diesem Museum, das sich den Traditionen und der Gegenwart des Puppentheaters mit seinen pädagogischen und künstlerischen Möglichkeiten auf dreierlei Weise verschrieben hat. Es präsentiert eine einzigartige Sammlung, bietet in eigenen Räumen Workshops zu Puppenbau und -spiel und integriert ein Theater mit 100 Sitzplätzen. Dort wird gerade an diesem Besuchstag "Die kleine Zauberflöte" in einer witzigen Fassung von Manfred Künster gespielt. Teil einer alle Sinne ansprechenden Ausstellung zum Mozartjahr, die noch bis zum 3. September farbenprächtige Figurensätze, ganze Bühnenbilder, Videoaufzeichnungen berühmter Figuren-Opern-Inszenierungen und künstlerische Objekte zeigt. Allein damit könnte man sich lange befassen, würde einen nicht plötzlich der diabolische Blick eines Dr. Faustus streifen, sich ein Gespenst im Lufthauch über dem Kopf bemerkbar machen oder eine schlanke Ballerina ihre Pirouetten drehen. Charaktere aus Lindenholz und Stoff, graziös, grimmig, verschmitzt, dämonisch oder liebenswert, die nach Konzeption von Museumsleiter und Puppenspieler Manfred Dorner lebendig und mit geheimnisvoller Lichtregie effektvoll in Szene gesetzt sind. Prompt findet man sich in der eigenen Kindheit wieder, begegnet Robbi, Tobbi und dem Fliewatüüt, der Augsburger Puppenkiste oder klassischen Kasperlefiguren. Die Schatten- und Stabfiguren, Marionetten und Handpuppen aus aller Welt, größtenteils aber Arbeiten aller namhaften Puppenbauer des deutschsprachigen Raumes der zurückliegenden 50 Jahre, stammen aus einer Privatsammlung. Der ehemalige Heizungsingenieur Karl-Heinz Rother hat aus Leidenschaft in zwei Jahrzehnten 2000 Puppentheaterfiguren - dazu gehörige Entwürfe, Plakate, Texte, Bühnenbilder, Puppenspielerkoffer und sogar die komplette Werkstatt des berühmten Figurenschnitzers Till de Kock - zusammengetragen. "Mir lag daran, Figurentheater aus seiner Geschichte heraus darzustellen, deshalb habe ich mich immer bemüht, Charakteristisches zu erwerben", erzählt Rother, der auch selbst durchs Museum führt. Unter seinen Gästen ist diesmal Bodo Maibaum aus Schweich, mit dem Rother über Jahre bei dessen internationalen Puppentheater-Tagen und der Initiative Theaterzentrum Stierstall zusammengearbeitet hat. Gerne hätte Maibaum, als vor zehn Jahren das Land Rheinland-Pfalz Rothers Sammlung kaufte und geeignete Räumlichkeiten für ein Museum suchte, dieses in Schweich etabliert und damit den Ruf der Puppenspielstadt manifestiert. Aber ein ideales Gebäude konnte damals nicht gefunden werden. Dennoch schmieden die beiden Puppenspielfreunde bei einem Treffen wie diesem Pläne, zum Beispiel über themenbezogene Leih-Ausstellungen in Schweich. "Wir können hier in Bad Kreuznach ja vieles aus Platzgründen nicht zeigen", meint Rother. Mag das auch Zukunftsmusik sein, Gegenwart ist, dass sich das PuK als einzigartige Adresse für eine besondere Kulturform großen Zuspruchs erfreut, der zuweilen Überraschungen bietet. Heute zum Beispiel ist Michael Hanstein aus Düsseldorf hier und stiftet dem Museum vor den Augen von hundert Zuschauern eine wertvolle Herta-Kastner-Marionette aus den 1920er-Jahren, die einzige Figur, die seine Mutter (Puppenspielerin) über den Krieg hatte retten können. Im PuK sei sie in guten Händen, denn: "Hier erfährt das Puppenspiel als besonders kreative Kunstform Anerkennung". Anke Emmerling Informationen zum Museum bei: Museum für PuppentheaterKultur, Hüffelsheimer Str. 5, 55545 Bad Kreuznach, Telefon 0671/8459185, oder unter www.stadt-bad-kreuznach.de/puk

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