So wurde man vor gerade einmal 15 Jahren für die Nennung des neuseeländischen Weinbaus bestenfalls belächelt - heute sind dessen fruchtig-rassige Sauvignons aus unseren Supermarktregalen jedoch nicht mehr wegzudenken. Andererseits gibt es auch Weinländer, denen der Aufstieg in unser vinologisches Gesichtsfeld deutlich schwerer fällt - möglicherweise deshalb, weil wir uns den dortigen Weinbau nur sehr schlecht vorstellen können. Ein typisches Beispiel hierfür ist Kanada, das wir spontan wahrscheinlich nur mit Eisbären und -hockey in Verbindung bringen, fälschlicherweise aber nicht mit feinen Weinen. Zugegeben, der moderne Weinbau auf breiter Basis ist in diesem Land noch recht jung, spätestens seit eineinhalb Jahrzehnten jedoch wert, nicht mehr übersehen zu werden. Das erste Weingut in der Nähe von Toronto wurde bereits 1811 gegründet. Dennoch dauerte es bis 1989, bis man wirklich von einem qualitativen Durchbruch sprechen konnte. In diesem Jahr trat das Freihandelsabkommen mit den USA in Kraft, und die kanadischen Winzer konnten aufgrund der ihren Markt überschwemmenden Gewächse aus Kalifornien ihre mickrigen Tropfen nur noch schlecht verkaufen. In rasendem Tempo wurden deshalb die vergessenen Hausaufgaben nachgeholt, und so gibt es heute zahlreiche kanadische Weine, die mit denen des südlichen Nachbarn bereits sehr gut konkurrieren können. Wer sich den Weinanbau in Kanada nun aber angesichts der vermeintlichen Polarnähe des Landes schlicht klimamäßig nicht vorstellen kann, dem sei ein genauerer Blick auf den Globus geraten. So liegt das größte Weinanbaugebiet des Landes (in Ontario) in etwa auf dem 47. Breitengrad, also auf derselben Höhe wie die Toskana.

Aus: Frank Kämmers "Kleines Lexikon der Wein-Irrtümer".