Weinkönigin Petra Zimmermann: Ich weiß, was ich will

TV höchst persönlich zu Besuch bei der Deutschen Weinkönigin Petra Zimmermann Ortstermin bei der Deutschen Weinkönigin in Temmels. Tausende von Autos brummen täglich auf dem Weg nach Luxemburg durch die Obermoselgemeinde, aber kaum eines setzt jemals zwischen Ortseingangs- und Ortsausgangsschild den Blinker, um von der belebten B 419 abzubiegen.

Man muss noch durch einige versteckte Gässchen, ehe man zu dem Anwesen findet, das Petra Zimmermann mit ihren Eltern und den beiden Schwestern bewohnt. Ein Bauern- und Winzerhof wie aus dem Bilderbuch, mit mächtigem Misthaufen und turbostarkem Traktor vor der Tür. Fehlt eigentlich nur der alte, staubige Diesel-Mercedes fürs Klischee-Bild, aber statt dessen blinkt und blitzt ein niegelnagelneues BMW-Cabrio gegenüber der Eingangstür. Ein Z 3? „Quatsch“, sagt Petra Zimmermann mit dem leicht empörten Unterton, den Auto-Freaks gegenüber Leuten an den Tag legen, die einen Porsche nicht von einem Hyundai unterscheiden können. „Natürlich ein Z 4“. Macht wahrscheinlich ein paar PS mehr. Ob sie auch im Stande wäre, den Traktor zu fahren? „Klar“, nickt die Weinkönigin. „Aber der wäre ihr viel zu langsam“, grinst Vater Leo und lässt die Mistgabel rotieren.

Ein Traktor wäre ihr viel zu langsam

Es fällt auch sonst nicht ganz leicht, sich Petra Zimmermann auf dem Traktor oder beim Reben-Zuschneiden im Weinberg vorzustellen – so wie sie im unaufdringlich-schicken Business-Dress zum Interview-Termin bittet. All zu oft komme derartige Betätigung auch nicht vor, räumt sie ein. Nicht, dass sie kein Interesse am Weinbau hätte. Aber das gilt denn doch mehr der Arbeit im Keller, dem Ausbauen und Verfeinern des Edelprodukts, das sie repräsentiert. Gerade mal 20 Jahre ist die junge Frau alt, im letzten Jahr um die gleiche Zeit saß sie noch als Schülerin am Angela-Merici-Gymnasium und baute ihr Abitur. Stünde es nicht so in der Biografie, man könnte es kaum glauben angesichts der coolen Souveränität, mit der sie ihre Amtsgeschäfte versieht. Manchmal wirkt sie fast zu erwachsen für ihr Alter, wenn sie Sätze sagt wie „Es widerstrebt mir nicht, Funktionen anzunehmen“ oder „Man sagt mir nach, dass ich ein Arbeitstier bin“.



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Petra Zimmermann aus Temmels ist die deutsche Weinkönigin...
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Vielleicht ist die schon fast an Politiker-Sprache erinnernde Formulierungskunst aber auch die blanke Vorsicht. „Ich bin von Grund auf nicht unbedingt diplomatisch“, bekennt Petra Zimmermann, und man ist geneigt, es ihr zu glauben. Sie möge auch „Leute nicht, die keine Meinung haben und die man auf nichts festnageln kann“. Andererseits ist ihr klar, dass sie als Weinkönigin „immer die Form wahren muss, manchmal auch mit der Faust in der Tasche“. Und einfach mal „die Sau rauslassen, das ist nicht drin“. Wenn die zuständigen Herrschaften vom Deutschen Weininstitut, die sie durch die halbe Welt schicken, eine Repräsentantin mit ausgeprägtem Verantwortungsgefühl gesucht haben, dann hätten sie keine bessere Wahl treffen können. Das war schon in der Schule so, wenn es um Klassensprecher-Wahlen oder die Organisation von Veranstaltungen ging. „Wir sind zu Hause zur Selbstständigkeit erzogen worden“, erzählt Petra Zimmermann, „deshalb wusste ich schon immer relativ genau, was ich will.“ Das schlug sich auch in ihrer „Königinnen-Karriere“ nieder.

Ohne die übliche Ochsentour trat sie 2003 als Gebietsweinkönigin an, mitten im Abi-Jahr. „Bist du des Wahnsinns?“ fragten ihre Freunde. „Ein paar Zehntel“ werde das Ehren-Amt beim Notenschnitt schon gekostet haben, „aber das war es mir wert“. Dann die Kandidatur zur Deutschen Weinkönigin, trotz gerade gebuchten Business-Studiums und frisch renovierter Studentenbude. Die Wahl gewonnen, das Studium verschoben, die Bude weitervermietet. Stattdessen ein weiteres Jahr „Hotel Mama“. Weil da einfach jemand sein muss, „der sich darum kümmert, dass das mit der Wäsche funktioniert“. Aber auch, weil der „Job“ so viele Erfahrungen mit sich bringt, „dass ich unbedingt jemanden zum Austausch brauche, damit mir die Decke nicht auf den Kopf fällt“. Dafür muss man dann auch Kompromisse machen. Zum Beispiel bei dem Zweitwohnzimmer, das man im Hause Zimmermann kurzfristig für Petra und ihre ältere Schwester eingerichtet hat. Eine lindgrüne Sofa-Landschaft, ein Schrank, ein Fernseher – nur die Wände sind völlig kahl. „Wir wollen einen Riesen-Spiegel, aber Mama ist dagegen.“

Da nützt auch der Königinnen-Bonus offenbar wenig. Es scheint noch mehr Leute in der Familie zu geben, die wissen, was sie wollen. Prompt wirkt auch Petra Zimmermann gar nicht mehr so furchtbar erwachsen. Erst recht nicht, wenn „Schnucki“ ins Spiel kommt, das Zwerg-Kaninchen, das sie kürzlich geschenkt bekommen hat. Oder wenn sie von ihren Freundinnen erzählt, mit denen sie Kochrunden macht, „ohne Männer“, versteht sich. Damit sie besser ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen kann: „Mit Leuten über Leute zu reden.“ Oder über die neusten Entwicklungen in ihrer Lieblings-Soap „Unter uns“. Der Business-Dress weicht langsam dem Freizeit-Look – nicht nur im übertragenen Sinn. In lockeren Klamotten fühle sie sich ohnehin wohler, lässt Petra I. wissen. Dass sie auf neueren Aufnahmen gestylter aussieht als früher, jagt ihr einen leichten Schrecken ein. „Ich habe mich doch äußerlich nicht verändert, oder?“ Dabei wirkt sie mit ihrem durch hohe Absätze verstärkten 1,80-Model-Gardemaß keineswegs so, als würde es ihr keinen Spaß machen, gut auszusehen. Aber es soll schon echt sein, nicht nur Tünche. Da irritiert es, wenn man sich auf manchen Fotos „selbst nicht wieder erkennt“. Dass andere sie wieder erkennen, macht ihr Spaß. Auch wenn die neu gewonnene Prominenz sie manchmal überrascht. Beim Schuh-Einkauf, erzählt sie lachend, hätten die Verkäuferinnen gefragt, ob sie nicht gestern Abend im Fernsehen gewesen sei. „Schon schmeichelhaft“ habe sie das gefunden.

Aber Petra Zimmermann wirkt keine Sekunde so, als liefe sie Gefahr, die Bodenhaftung zu verlieren. Auch wenn sie das Amt auf Tuchfühlung mit Leuten wie Schröder, Putin oder Beckenbauer bringt. Ein Jahr lang hinter die Kulissen schauen, Leute kennen lernen, Einblicke gewinnen in Bereiche, denen man sonst nie nahe kommt: Das ist ein Traum für einen Menschen, der sich als „Vorwitznase“ bezeichnet. Aber dann wird sie mit der gleichen Energie weiter marschieren Richtung Job und Studium, „immer unter Strom“, weil, wie sie sagt, „ich faul werde, wenn ich nix mache“. Beim Wein will sie „schon irgendwie bleiben“, mithelfen, dass Erzeugnisse aus deutschen Anbaugebieten „mehr über Lebensfreude und Emotionalität verkauft werden“. Wie ein BMW Z 4.

Dieter Lintz

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