Zoff und Pop im "Hotel California": So waren Glenn Freys Eagles

Glenn Frey war die "treibende Kraft" der Eagles. Nun ist der Musiker gestorben - und mit ihm wohl auch die Band, die nicht nur der große US-Bestseller war. Sondern auch Träume und Wahnwitzigkeiten einer ganzen Pop-Ära verkörpert hat.

Zoff und Pop im "Hotel California": So waren Glenn Freys Eagles
Foto: James Minchin/Warner Music

"Einige Wochen" hatte Glenn Frey (1948-2016) um sein Leben gekämpft, so steht es im offiziellen Statement zum Tod des Eagles-Gitarristen. Letztlich waren es wohl die Nebenwirkung einer Therapie gegen seinen Gelenkrheumatismus, die der Musiker nicht überlebte. Und trotzdem kam das Ableben Freys einigermaßen plötzlich. Sein kongenialer Bandkollege und ewiger Streitpartner Don Henley (68) empfindet es zumindest so: "Wir hatten unsere zweijährige 'History of the Eagles'-Tour erst im Juli beendet. Und jetzt ist er weg", schreibt Henley fassungslos in seinen Abschiedsworten.

Man könnte es auch so sehen: Die Eagles haben Glenn Freys Leben geprägt - bis in die letzten Tage. Und Glenn Frey prägte die Eagles. Wohl auch bis an ihr Ende. Denn der Gitarrist und Sänger war zusammen mit Henley das letzte verbliebene Gründungsmitglied. Zudem "derjenige, der alles begonnen hat", "die treibende Kraft", "der Mann mit dem Plan", wie Henley selbst weiter schreibt. Die Eagles ohne Glenn Frey... das wäre schwer vorstellbar. Also ist es wohl auch Zeit, sich von einer der markantesten Bands des 20. Jahrhunderts zu verabschieden.

Der Dude konnte die Eagles nicht leiden

// Polarisiert hatten die Eagles schließlich meistens. Was 1971 mit einer fast rührenden Geschichte begonnen hatte - vier Musiker finden sich als Begleitband des Folk-Stars Linda Ronstadt ( "Simple Dreams") und erobern die Musikwelt auf eigene Faust - wuchs sich bald in ein handfestes Phänomen aus. Mit angenehm countryesk plätschernden Hits wie "Take It Easy" oder "Peaceful Easy Living" fanden die Eagles zu ihrem Sound. Vor allem zu einem umfassenden "Wohlklang", wie Rezensenten gerne betonten. Der ein großes Publikum ansprach - und gewisse andere Hörer in den Wahnsinn trieb.

"Die Eagles sind das ultimative California-Dreaming, eine Fantasie der Erfüllung, die nur in den Obere-Mittelschicht-Vorstädten von Marin County oder den Los-Angeles-Canyons Wirklichkeit geworden" ist, ätzte der einflussreiche Journalist Robert Christgau schon Anfang der 70er. Er "hasse" die Eagles. Und damit war er wahrlich nicht alleine. Legendär ist auch ein Filmmoment aus "The Big Lebowski": Jeff Bridges alias der Dude herrscht einen Taxifahrer an, er möge bitte den Radiosender ändern; "ich hasse die verdammten Eagles!" Das Resultat: Der Dude fliegt aus dem Taxi.

Glas und Gitarren fliegen im Backstage

Endgültig ins Reich der Legenden enthob der Song "Hotel California" die Eagles - ausgerechnet ein Stück, bei dem Frey weder die Leadvocals sang, noch allzu substanziell zur Musik beigetragen hatte. Dementsprechend fiel Frey auch wenig Positives zu dem Song ein: "Hey, ich habe keinen großen Deal aus 'Hotel California' gemacht. Das waren die 18 Millionen Leute, die das Ding gekauft haben", entschuldigte er sich einmal. Ein anderes Mal erklärte er: "Jemand fragte meinen Kumpel Bob Seger, 'warum meinst du haben sich die Eagles getrennt?'. Er sagte: 'Hotel California'."

Tatsächlich bekam die Gemeinschaft der vier Ex-Begleitmusiker ab Mitte der 70er Risse. Mit Bernie Leadon und Randy Meisner stiegen zwei Ur-Eagles aus. Dafür gab es Streit - gerne mit Glenn Frey im Zentrum. Dem damals 30-Jährigen wurde Ärger mit Henley nachgesagt. Meinungsverschiedenheiten mit Neu-Gitarrist Don Felder (68) eskalierten in einem massiven Streit bei einem Benefiz-Gig: Die Legende besagt, Frey habe backstage eine Bierflasche an der Wand zerschmissen, und Felder auf der Bühne zugeflüstert, "noch drei Songs und ich bringe dich um". Felder zerschmetterte nachher eine Gitarre hinter Freys Rücken. Die Eagles waren Geschichte.

"Alle Hasser überdauert"

Zumindest 14 Jahre lang. 1994 trafen sich die Eagles noch einmal und versammelten ihre Fans fortan immer wieder zu Stadien- und Hallenkonzerte auf ausufernden Tourneen. Auch ein paar erfolgreiche Solo-Songs hatte Frey zuvor geschrieben: "You Belong To The City", "The Heat Is On" - Soundtracks für die "Miami Vice"-Ära. Am Ende bleiben die Eagles als langlebiges 70ies-Phänomen im Kopf. Auch als Band, die das Kunststück schaffte, mit einem nur vier Jahre Bandgeschichte umfassenden "Greatest Hits" das meistverkaufte Album der USA im 20. Jahrhundert zu landen.

Viele Musikkenner könnten rückblickend wohl der "Washington Post" beipflichten. Das Blatt verabschiedete sich am Dienstag unter der Überschrift "Wie Glenn Frey und die Eagles alle Hasser überdauerten" von der Band und ihrem Mastermind. Rückblickend erscheint eben alles in milderem Licht - und wer will sich schon über entspannten Rock aufregen. Auch Don Henley hatte lange schon wieder Frieden mit Frey gemacht: "Er war wie ein Bruder für mich; wir waren Familie, und wie in den meisten Familien gab es eben Misstöne."

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