Zur Krise des Weltmarkts

"Jedes Jahr hat seine Höhepunkte", sagte Professor Dieter Sadowski am "Weiberdonnerstag" und sah diesen für den Fachbereich IV an der Universität Trier gekommen. Denn an diesem Tag sprach die erste weibliche Wirtschaftsweise, Professor Beatrice Weder di Mauro, vor Studierenden und Kollegen an der Uni Trier.

 Die Ökonomin Professor Beatrice Weder di Mauro bei ihrem Vortrag an der Universität Trier. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Die Ökonomin Professor Beatrice Weder di Mauro bei ihrem Vortrag an der Universität Trier. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Trier. Die 42-Jährige ist seit 2004 Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Sie ist seit der Gründung 1963 die erste Frau unter den fünf "Wirtschaftsweisen". Zu ihren Aufgaben gehört es, jedes Jahr im November ein Gutachten über die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands zu erstellen.Bei ihrem Vortrag an der Uni Trier über die weltwirtschaftliche Entwicklung wollte die Ökonomin jedoch nicht aus dem November-Gutachten zitieren. "Nur die Zinserhöhung von gestern ist noch nicht eingearbeitet", lautete das erklärte Ziel, möglichst aktuell zu sein.Die fetten Jahre sind vorbei

Beatrice Weder di Mauro zeigte die Zusammenhänge und den Ablauf der Krise auf, in der sich der weltweite Finanzmarkt ihrer Ansicht nach befindet. "Die fetten Jahre hat die Weltwirtschaft hinter sich", sagte die Ökonomin und verwies auf das hohe weltweite Wachstum in den vergangenen Jahren, das erstaunlicherweise von einer extrem niedrigen Inflation begleitet gewesen sei. Ursachen seien eine hohe Liquidität und hohe Leistungsbilanz-Salden gewesen. Dabei seien die Schwellenländer zunehmend als Kreditgeber aufgetreten, und die US-Haushalte hätten sich mehr und mehr verschuldet. "Die USA befinden sich in einer ernsthaften Krise", urteilt die Ökonomin und rechnet mit Auswirkungen auf Europa. Der verbreiteten These "die USA gehen baden, aber China rettet den Tag", könne sie nicht ganz zustimmen, so Weder di Mauro. Denn nach ihren Berechnungen liegt der Beitrag Chinas zum Wachstum des Weltmarktes nur bei einem Drittel. "China kann die Welt nicht herausreißen", prognostiziert Weder di Mauro. Laut ihrer Einschätzung sei die Weltwirtschaft in den nächsten Jahren von der Frage geprägt, "wie wir aus dem Ungleichgewicht herausfinden". Dafür müsste der Rest der Welt mehr konsumieren, und die USA müssten mehr sparen.Vorsichtiger Optimismus

Für Deutschland rechnet Weder di Mauro mit einem "vorsichtigen Optimismus". Die Ökonomin glaubt allerdings nicht daran, dass die vom Sachverständigenrat vorhergesagten 1,9 Prozent Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes erreicht werden. Ein Kapitel ihres Vortrages widmete sie den Staatsfonds, die "letztes Jahr überraschend als Schreckgespenster aus der Büchse herausgekommen sind".Unverständliche Furcht

Sie legte dar, warum die Furcht unverständlich sei, dass beispielsweise Gazprom die deutschen Energieversorger aufkaufe oder sich die Chinesen Siemens unter den Nagel reißen. Weder di Mauro wies auf die Bestrebungen hierzulande hin, die Regeln des freien Kapitaltransfers zu beschneiden, wo doch Deutschland immer versucht habe, sie zu etablieren. "Ich bin sicher, da kommt ein Gesetz." Dabei seien Staatsfonds nicht die zerstörerischen Schreckgespenster, als die sie in der Öffentlichkeit angesehen würden. Zur Person: Beatrice Weder die Mauro, die Ökonomin mit Lehrstuhl in Mainz, berät neben ihrer Tätigkeit im "Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung" den Internationalen Währungsfond, die OECD und die Bundesbank. Die Spezialistin für internationale Finanzmärkte besitzt einen schweizerischen und einen italienischen Pass und spricht neben Deutsch und Englisch auch Italienisch und Spanisch und kann sich auf Französisch, Japanisch und Russisch verständigen. Ihre Kindheit verbrachte sie in Lateinamerika. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre in Basel arbeitete Weder die Mauro beim Internationalen Währungsfond und bei der Weltbank, an der Universität der Vereinten Nationen in Tokio, an der amerikanischen Eliteuni Harvard und bei der amerikanischen Notenbank in New York. Vor ihrer Berufung auf den Mainzer Lehrstuhl hat sie an der Universität Basel gelehrt.

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