Zweikampf der Schach-Wunderkinder: Carlsen gegen Karjakin

New York (dpa) · Russland stellt seit 2007 keinen Schachweltmeister mehr. Sergej Karjakin möchte das ändern. Er geht allerdings als Außenseiter in das WM-Match gegen Norwegens Top-Star Magnus Carlsen.

Zwei ehemalige Schach-Wunderkinder sind bereit für das nächste große Duell in den USA. Der 26-jährige Russe Sergej Karjakin fordert von Freitag an in New York den fast gleichaltrigen Champion Magnus Carlsen aus Norwegen im Kampf um den WM-Titel heraus.

Beide Kontrahenten wurden bereits mit zwölf und 13 Jahren Großmeister und sind damit die jüngsten Mitglieder in diesem erlesenen Kreis. Erstmals in der WM-Geschichte seit 1886 stehen sich zwei Spieler gegenüber, die mit Computer und Internet aufgewachsen sind.

Die Ausgangslage vor dem 12-Partien-Match scheint ziemlich klar zu sein. Carlsen gilt als Favorit. Er ist Weltranglisten-Erster, Karjakin Neunter. „Carlsen besitzt eine persönliche Note. Er strahlt eine große Kraft aus und kämpft auch in ausgeglichener Stellung weiter“, urteilte Herbert Bastian, Präsident des Deutschen Schachbundes (DSB), über den Weltmeister. Der Norweger gewann von 21 Partien mit klassischer Bedenkzeit bislang vier gegen den Russen und verlor nur ein Spiel. 16-mal gab es Remis.

„Das Match beginnt beim Stand von Null zu Null“, bemerkte Karjakin. Auch der gebürtige Ukrainer sieht seine Chancen. 2013 und 2014 gewann er zwei Superturniere in Norwegen - vor Carlsen. Dass er ein zäher Kämpfer ist, bewies Karjakin mit seiner Nervenstärke beim Weltcupsieg 2015 und in diesem März mit dem unerwarteten Gewinn des Kandidatenturniers, mit dem er sich für sein erstes WM-Duell qualifizierte. Er besitzt ein ausgeglichenes Naturell, das ihm hilft, auch schwierigste Situationen auf dem Brett zu meistern.

Austragungsort ist das Fulton Market Building im Herzen New Yorks, fünf Minuten von der Wall Street entfernt, mit Blick auf die Brooklyn Bridge. Bürgermeister Bill de Blasio erklärte: „Welch besseren Ort könnte es geben als New York, wo überall in den Parks Schach gespielt wird?“ Zuletzt fand in der US-Metropole 1995 das WM-Duell zwischen Garri Kasparow und Viswanathan Anand statt. Sie spielten damals im World Trade Center 18 Partien.

Inzwischen ist die Zahl der WM-Spiele auf zwölf verkürzt worden. Zum Gewinn sind 6,5 Punkte nötig. Nach jeweils zwei Runden gibt es einen Ruhetag. Beim Stand von 6:6 würde die Entscheidung im Tiebreak bei Spielen mit verkürzter Bedenkzeit fallen. Spätestens am 30. November, Carlsens 26. Geburtstag, steht der Sieger fest.

Carlsen verfügt über die Erfahrung von zwei WM-Duellen, in denen er jeweils den Inder Anand bezwang. Mit dem dritten Sieg könnte der Norweger seine Popularität in den USA steigern. Der Hobby-Fußballspieler ist auch ein cleverer Geschäftsmann, der von seiner Familie bei der Vermarktung bestens unterstützt wird. Pünktlich zum WM-Start lief in deutschen Kinos der Dokumentarfilm „Magnus ? Der Mozart des Schachs“ an. „Das ist sicherlich kein Zufall“, vermutete DSB-Präsident Bastian.

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