Zwischen Fakt und Fiktion

TRIER. Der ehemalige Leiter der Katholischen Akademie, Jürgen Wichmann, hat nach mehr als zweijähriger Recherche einen Roman geschrieben. Darin beschreibt der Autor, eng an historischen Tatsachen angelehnt, das Kriegs- und Nachkriegsleben eines fiktiven Sohns von Adolf Hitler.

Jürgen Wichmann, promovierter Historiker, baute seit 1966 die Katholische Akademie in Trier auf und leitete sie bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1992. Doch von Ruhestand ist bei dem heute 75-Jährigen nicht viel zu spüren. Schon in den Achtzigern schrieb der gebürtige Westfale Bücher: 1980 einen Trierer Stadtführer, zwei Jahre später den heute vergriffenen Trier-Krimi "Porta Nigra in Weiß". Dazu kamen kulturelle und historische Veröffentlichungen, ein Frauenbuch und vor drei Jahren eine Sammlung von Texten des kürzlich verstorbenen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch, mit dem Wichmann bekannt war. Die Lust am Schreiben sowie das historische Know-How haben jetzt zu dem Buch "Der verlorene Sohn - Von der Last, einen Vater namens Hitler zu haben" geführt. "Das ist mehr als ein Hobby. Es ist mir ein echtes Anliegen, was ich mit dem Buch aussagen will", beschreibt Wichmann seine Motive. Zweieinhalb Jahre habe er Recherchen betrieben, beispielsweise in der Washingtoner Kongressbibliothek, in Lyon oder Bad Mondorf. "Ich vermute, dass es einen Sohn gegeben hat, und zwar aus der Verbindung Hitlers zu seiner Großkusine Geli Raubal", glaubt Wichmann. Er wisse sogar das Sterbedatum und den Ort, wo Hitlers Sohn begraben sei. Im Buch ist freilich nur die Rede von X-Dorf bei Berlin. "Das soll kein Wallfahrtsort wie bei Hess werden." Nicht alles, was Wichmann an verbürgten historischen Tatsachen zum Besten gibt, ist wirklich neu. Wie der "größte und schlimmste Witz, dass Hitler selbst nie einen ,Arier-Nachweis‘ erbrachte, vermutlich, weil er selbst jüdischer Herkunft war." Dennoch zieht Wichmann in seinem neuesten Werk verblüffende Verbindungen, lässt Hitlers Sohn "Addy" Alois Adolf in Kriegs- und Nachkriegszeiten durch halb Europa ziehen - und die Liebe kommt auch nicht zu kurz. "Es soll ja auch was zum Schmunzeln im Buch sein." Überraschende Ergebnisse

Für weniger Schmunzeln, dafür mehr Überraschung dürften Wichmanns Ergebnisse seiner Recherchen sorgen: Etwa, warum Hitler stets eine Nilpferdpeitsche mit sich führte. Oder dass die Alliierten die Obernazis im luxemburgischen Bad Mondorf versammelten, bevor ihnen in Nürnberg der Prozess gemacht wurde. Nur einen kleinen Schönheitsfleck hat Wichmanns Buch (noch): Derzeit ist der 240-Seiten-Schmöker nur über ihn zu bestellen (Jürgen Wichmann, Windstraße 17, 54290 Trier, 14,80 Euro zuzüglich Porto und Verpackung). Die Gespräche mit Verlegern dauern noch an.

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