Heftige Kritik an der Bahn

Trier · Der nun offizielle Wegfall von vier Fernzugverbindungen in der Region sorgt für Verärgerung. Sowohl der Trierer CDU-Bundestagsabgeordnete Bernhard Kaster als auch der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Roger Lewentz schimpfen auf die Bahn.

Trier. Bernhard Kaster war immer ein Bahnfreund. Der Trierer CDU-Politiker hat sich jahrelang für eine bessere Anbindung der Region stark gemacht, hat die Bahn auch nach Kritik verteidigt. Auf seine Initiative hin kam vor sechs Jahren ein hochmoderner Intercity-Express (ICE) nach Trier. Einmal am Tag fährt der Zug von der Mosel an die Spree nach Berlin und zurück. Noch. Denn der scherzhaft auch "Kaster-Express" genannte Fernzug wird zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember ebenso wegfallen wie die Intercity-Verbindungen von Dortmund über Trier nach Luxemburg, von Emden nach Trier und Luxemburg und von Norddeich. In umgekehrter Richtung fallen die Verbindungen von Luxemburg über Trier nach Emden und die nach Dortmund weg.
Mangelnde Nachfrage


Noch im April versicherte Bahnchef Rüdiger Grube bei einem Besuch in Trier, die Stadt sei ein "extremst wichtiger" Knotenpunkt für den internationalen Bahnverkehr. Wenn die Nachfrage stimme, werde auch der Fernverkehr von Trier aus ausgebaut. Doch offenbar stimmt die Nachfrage nicht mehr. Wegen "mangelnder Wirtschaftlichkeit" will die Bahn die vier Verbindungen streichen.
Aus dem Bahn-Freund Kaster wird daher ein Bahn-Kritiker, der ungewohnt deutlich wird: "Während wir im vereinten Europa wirtschaftlich immer enger zusammenarbeiten, marschiert Bahnchef Grube in die entgegengesetzte Richtung: Er will ausgerechnet jetzt die Europastadt Luxemburg vom Fernverkehr der Deutschen Bahn abkoppeln." Und: "Bahnchef Grube versteht Europa nicht." Das klingt nach Verbitterung und Enttäuschung. Dabei kommt die Kürzung des Fernzugangebots in Trier nicht überraschend. Bereits 2008 war klar, dass spätestens ab 2015 weniger IC-Züge auf der Moselstrecke Richtung Ruhrgebiet fahren werden. Die Landesregierung hat damals das Nahverkehrskonzept Rheinland-Pfalz-Takt 2015 beschlossen. Zu den Zeiten, zu denen derzeit noch Fernzüge fahren, sollen von da an auch Regionalexpresszüge zwischen Koblenz, Trier und Luxemburg und Saarbrücken fahren. Hintergrund: Bereits damals befürchtete man in Mainz, dass die Bahn die Region mehr oder weniger vom Fernverkehr abkoppele. Damals bezeichnete Kaster solche Pläne noch als aus der Luft gegriffen. Auch als sich im Frühjahr dieses Jahres die Informationen verdichteten, dass bereits ab Winter weniger Fernzüge von und nach Trier und Luxemburg fahren werden, war Kaster davon überzeugt, dass die Bahn zu den ihm gegenüber gemachten Zusagen, die Region nicht abzukoppeln stehe.
Land zahlte nicht



Dabei liefen zu dieser Zeit bereits die Verhandlungen zwischen Land und Bahn. Das Unternehmen wollte von der Landesregierung bis 2015 jedes Jahr zwei Millionen Euro für den Erhalt der Fernzüge. Im Gegenzug hätte diese ohne sonst üblichen Zuschlag als Nahverkehrszüge genutzt werden können. Das Land weigerte sich zu zahlen. "Das ist nicht zu finanzieren", sagt Verkehrsminister Roger Lewentz, der die Entscheidung der Bahn, die Fernzüge zu streichen als "nicht nachvollziehbar" hält. Dadurch würden Kunden vergrault, die bis in drei Jahren, wenn es ein verbessertes Nahverkehrsangebot in der Region gebe, erst einmal zurückgewonnen werden müssten. Auch Kaster versteht nicht, warum die Bahn nicht noch drei Jahre warten konnte, bevor sie Verbindungen streicht. Es könne nicht sein, dass die Bahn nur nach Wirtschaftlichkeit entscheide und nicht nach der Bedeutung des Fernverkehrs für die Großregion. Der Landesregierung wirft er Sturheit vor.
Der Wegfall der vier Fernzüge bedeutet auch, dass es eine Lücke im derzeitigen Taktverkehr von und nach Koblenz gibt. Man bemühe sich "in einigen wenigen Fällen" ersatzweise Regionalexpress-Züge einzusetzen, erklärt Lewentz.Meinung

Bahn koppelt Region einfach ab
Das Land hat keine Schuld daran, dass ab Dezember weniger Fernzüge in der Region fahren. Es ist richtig, dass sich Verkehrsminister Lewentz nicht von der Bahn erpressen lässt und ihr keine sechs Millionen Euro zahlt, damit diese ihr bisheriges Angebot aufrechterhält. Die Finanzierung von Fernzügen ist Aufgabe des Bundes. Andererseits ist auch die Bahn zu verstehen, die es sich nicht leisten kann, auf Dauer in den Fernzügen entlang der Moselstrecke nur heiße Luft zu transportieren. Doch es kann nicht sein, dass das Unternehmen die Region mit einem Mal quasi abkoppelt vom Fernverkehr. Ein schrittweiser Rückzug bis 2015, wenn es ein besseres Nahverkehrskonzept mit mehr Zügen geben wird, wäre machbar gewesen. Zumal man mit dem Knall-auf-Fall-Wegfall der Züge auch Luxemburg vor vollendete Tatsachen stellt. Und das, obwohl das Land 800 000 Euro im Jahr bezahlt, damit die Bahn die Fernzüge von Trier bis in die Hauptstadt des Großherzogtums fahren lässt. Und das, obwohl das Land eben mal so acht Millionen Euro locker macht für den zweigleisigen Ausbau der deutschen (!) Bahnstrecke Richtung Luxemburg. Die Bahn beweist damit einmal mehr, dass ihr die Region völlig egal ist. b.wientjes@volksfreund.de

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