Das zweite Leben eines Managers - Leiter des Museums Roscheider Hof wird 90

Konz · Es war zunächst eine eher unspektakuläre Nachkriegskarriere - bis zum Geschäftsführer im Textilbereich. Aber kaum war Ulrich Haas pensioniert, wurde er Museumsleiter auf dem Roscheider Hof. Und damit begann das zweite Leben des Managers. Am heutigen Freitag wird er 90.

 Mit Begeisterung dabei. Ulrich Haas im ehemaligen Bahnhofsschuppen, der auf dem Roscheider Hof aufgebaut wird. TV-Foto: Martin Möller

Mit Begeisterung dabei. Ulrich Haas im ehemaligen Bahnhofsschuppen, der auf dem Roscheider Hof aufgebaut wird. TV-Foto: Martin Möller

90 Jahre und kein bisschen müde. Wenn Ulrich Haas von den laufenden Arbeiten im Roscheider Hof erzählt, vom Aufbau des ehemaligen Bahnhofschuppens beispielsweise, dann klingt bei ihm eine jugendliche Freude und Energie mit. Der Roscheider Hof ist sein Leben - sein zweites nach der Pensionierung 1985.
Haas ist Ehrenbürger der Stadt Konz, doch ein Mann großer Worte oder Freund demonstrativer Selbstzufriedenheit ist er nicht. Seine Biografie besteht nicht nur aus Erfolgen, sondern auch aus schmerzlichen Einschnitten: Jagdflieger mit 20 Jahren, Kriegsgefangenschaft und dann die Nachkriegssituation mit unsicheren Perspektiven und Wiederaufbau-Hektik. "Ich glaubte damals, ich müsste die Zeit aufholen, die durch den Krieg verloren war."Von Wuppertal nach Konz


Was folgte, war eine typische Nachkriegskarriere: Studium der Betriebswirtschaft in Köln und Münster. Promotion mit einer Arbeit über das Siegerland, Universitätsassistent, erste Anstellung, Heirat, zwei Töchter.
Dann ein Stellenangebot der Wuppertaler Firma Glanzstoff. Aber bei diesem Unternehmen, dem größten deutschen Chemiefaserproduzenten, hielt es Haas nicht lange im bürokratischen Rechnungswesen. Als Glanzstoff 1963 entschied, ein Werk in Konz aufzubauen, wurde er Mann der ersten Stunde im neu gegründeten Tochterunternehmen. KUAG (Kunstseiden-AG) hieß es. Ein "Riesengeschäft" sei es damals mit der Veredelung von Polyestergarnen gewesen.
Als nach der Ölkrise von 1972 das Geschäft schwieriger wurde, gelang es ihm, den Standort Konz zu erhalten. "Von sieben Texturierwerken in ganz Europa blieben wir allein übrig", sagt Haas und da lässt sich ein Anflug von Stolz heraushören. Umso schmerzlicher war der Abstieg. Haag: "Die Konzer KUAG wurde kaputt gemacht. Das habe ich bis heute nicht verwunden." Da freilich hatte bei Ulrich Haas längst das zweite Leben begonnen als ehrenamtlicher und - für ihn selbstverständlich - unbezahlter Leiter des Freilichtmuseums Roscheider Hof. Es war der gesundheitlich angeschlagene Museumsgründer Prof. Rolf Robischon, der den gerade pensionierten Haas 1985 bat, seine Nachfolge anzutreten. Und nun brachte Haas, der viel mit Industrie, wenig mit Landwirtschaft und noch weniger mit Museumswesen zu tun hatte, seine Manager-Erfahrung ein - vor allem die Fähigkeit zum Aufbau von Netzwerken und dazu einen ausgeprägten Pragmatismus. Von bürokratischen Konzepten hat er nie viel gehalten, und das erwies sich als Segen für das Museum, dass sich Mitte der 1980er Jahre noch in der Aufbauphase befand: "Wir haben einfach gesammelt und dann ausgestellt."
Nur die Qualität musste stimmen. Und so gelang es Haas und seinem Museumsteam durch beharrliche Arbeit, einen Agrarbetrieb mit ein paar Museumsobjekten zu einem echten Freilichtmuseum umzubauen. Unter Ulrich Haas hat sich der Roscheider Hof zu einem Ort von Betrachten und Nachdenken entwickelt - keine Scheinidylle, sondern erlebte Geschichte mit all den Schwierigkeiten, mit denen die Menschen im 19. und frühen 20. Jahrhundert kämpfen mussten.
Für Haas ist seine Arbeit an diesem Ort historischer Erfahrung noch nicht beendet. "Mein Traum wäre ein schönes Bürgerhaus. Oder ein Kirchlein." Darum ist der 90. Geburtstag heute eine Zäsur, aber kein Anlass, ans Aufhören zu denken "Ich mache weiter, so lange es mir gut geht."Extra

Ulrich Haas: 1924 geboren im Siegerland (in Eiserfeld), 1942 Soldat (Jagdflieger), 1945 bis 1946 Kriegsgefangenschaft, 1948 Studium der Betriebswirtschaftslehre, 1952 erste Anstellung, 1956 Promotion, 1958 Heirat mit Gisela Welschof, 1958 Einstieg bei Glanzstoff in Wuppertal, 1963 Prokurist, dann Geschäftsführer im Konzer Tochterunternehmen KUAG, 1985 Pensionierung, ehrenamtlicher Museumsleiter des Roscheider Hofs. nö

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