Leben im Schatten der Windräder

Hüttingen/Lahr · Der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Südeifel hat im Oktober entschieden, dass bei der Ausweisung von Windkraftanlagen ein Mindestabstand von 400 Metern zu Einzelgehöften einzuhalten ist. "Das ist zu wenig", sagt Werner Roth, der in einem Aussiedlerhof bei Hüttingen/Lahr lebt - 500 Meter entfernt von einem Windpark.

Hüttingen/Lahr. Als Werner Roths Vater Heinrich 1961 den Antoniushof baute, konnte er nicht wissen, dass die windige Höhe bei Hüttingen einmal interessant für Windparkbetreiber sein könnte. Hätte er es geahnt, wäre er wohl woanders hingezogen. Im Oktober hat der VG-Rat Südeifel die neuen Kriterien für zukünftige Windkraftstandorte beschlossen. Künftig muss bei der Ausweisung zu Einzelgehöften nur noch ein Mindestabstand von 400 Metern eingehalten werden.
"Der Abstand ist zu gering", sagt Werner Roth, der wissen muss, was es bedeutet, in unmittelbarer Nähe zu einem Windpark zu wohnen. Im Jahr 2000 wurde nur 500 Meter von seinem Wohnhaus entfernt ein Windpark mit zunächst 18 Rotoren errichtet. Im Herbst 2011 wurden die 18 alten Windräder durch 14 leistungsstärkere und größere ersetzt.
Werner Roth leidet seit der Errichtung des Windparks unter Schlafstörungen. "Ich höre die Anlagen - manchmal auch bei geschlossenem Fenster", sagt er. Die Wetterlage kann er am Ton erkennen. "Der meiste Krach ist bei Westwind, kurz bevor es Regen gibt", beobachtet Roth, der als Berater bei der Landwirtschaftsschule in Bitburg arbeitet.
Für die Entscheidung des VG-Rats hat er wenig Verständnis. In einem Leserbrief, den er unserer Zeitung schickte, steht: "Der Rat der VG Südeifel hat mit den Stimmen der Mehrheitsfraktion die Abstände für Windkraftanlagen zu Ortschaften auf 750 Meter und zu Einzelgehöften auf 400 Meter festgelegt. Bei dieser Entscheidung hat man nicht das Wohl der Bevölkerung im Auge, sondern dient wenigen Einzelinteressen."
Er sei kein Gegner von Windenergie, betont er und erzählt, dass er 1986 nach dem Tschernobyl-Unglück selbst gegen Atomkraft demonstriert habe, "doch ich will nicht, dass die Windräder so nah bei den Menschen gebaut werden", fordert der 61-Jährige. "An der Mosel werden keine gebaut, wegen des Tourismus und weil es die Landschaft verschandelt, aber bei uns in der Eifel zählt das nicht."
Doch auch Werner und seine Frau Martina Roth merken, dass die Urlauber, die die Ferienwohnung im Antoniushof buchen, mit gemischten Gefühle auf den gegenüberliegenden Windpark reagieren. "Manche Gäste stört das schon", sagt Martina Roth. Interessanterweise hat die niederländische Agentur, die die Ferienwohnung anbietet, bei den Fotos im Internet die Windräder wegretuschiert - übrigens ohne Wissen der Vermieter.
Auch wenn der Betreiber die Grenzwerte einhält und nach einer Beschwerde nun auch zwischen 23 Uhr und 6 Uhr die Anlagen etwas runterfährt, kann Werner Roth sich mit der kontinuierlichen Dauerbeschallung nicht anfreunden.
"Wir waren hier draußen so an die Ruhe gewöhnt. Und wir werden kaum noch von Vogelgezwitscher geweckt. Bei so geringen Abständen gibt es keine ruhigen Tage mehr. Selbst bei Windstille ist ständig das heulende Geräusch der Stellmotoren zu hören - es wird dann der nicht vorhandene Wind gesucht. Es ist davon auszugehen, dass keiner der Mandatsträger, der für diese Regelung gestimmt hat, 400 Meter neben einer großen Windkraftanlage wohnt." Deswegen fordert Roth, dass solche geringen Abstände nur mit Zustimmung der Anwohner genehmigt werden dürfen. sn
Extra

Die Grenzen für die Immissionswerte sind in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), festgelegt und betragen für Außengehöfte entsprechend den Festlegungen für Kerngebiete, Dorfgebiete und Mischgebiete 45 Dezibel (A) nachts - das entspricht üblichen Wohnungsgeräuschen und liegt unterhalb der Lautstärke von Regen oder Kühlschranksummen. Der Nachweis der Einhaltung der Grenzwerte obliegt dem Bauherren und ist im Bauantragsverfahren durch ein Gutachten nachzuweisen. In der VG Südeifel gibt es etwas über 200 Außengehöfte, die bewohnt sind oder bewohnt werden könnten. sn

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