Das Moselland als NS-Kunstmotiv

Platten/München · In den Großen Deutschen Kunstausstellungen wurde 1937 bis 1944 die sogenannte "Deutsche Kunst" von den Nationalsozialisten propagandistisch in Szene gesetzt. Auch Gemälde des Künstlers Leo Heidkamp waren 1943 im Münchener Haus der Deutschen Kunst als "arische Kunst" zu sehen. Sie zeigen Vorkriegsansichten des Dorfes Platten, das vor 70 Jahren Opfer eines verheerenden Bombenangriffes wurde.

Platten/München. Als die Gemälde "Im Moselland" und "Moseldorf" von Leo Heidkamp in der Großen Deutschen Kunstausstellung (GDK) des Jahres 1943 in München präsentiert wurden, hätten sich Zeitzeugen kaum vorstellen können, wie stark sich das in den Bildern dargestellte Dorf Platten im Zweiten Weltkrieg verändern würde. Denn nur wenige Monate vor dem Kriegsende wurde die Ortschaft am 28. Januar 1945 bei einem verheerenden Luftangriff schwer getroffen. Dabei starben 85 Menschen (der TV berichtete), darunter 46 Kinder und Jugendliche.
Die in der GDK ausgestellten Öl-Bilder des Düsseldorfer Künstlers zeigen verschiedene Vorkriegsansichten von Platten, in denen das ländliche Dorfleben anhand einer alltäglichen Szenerie thematisiert wird. Betrachtet man die Bildmotive und deren stilistische Darstellung im Hinblick auf die Kunstauffassung der Nationalsozialisten, wirken diese geradezu beispielhaft für die sogenannte "Deutsche Kunst" in der Nazi-Zeit.
Diese Form der Kunst wurde seinerzeit gezielt dazu eingesetzt, ein Bild von Deutschland und seinem Volk zu schaffen, das die Weltanschauung des NS-Staates verkörperte. 1941 äußerte sich Fritz Alexander Kaufmann in "Die neue deutsche Malerei" bezüglich der Bedeutung von Motiven nationalsozialistischer Kunstwerke: "(...) man muss einsehen, dass es ein anderes ist, ob zum Beispiel ein Bauer rein beiläufig um bestimmter künstlerischer Wirkungen willen zum Motiv wird, oder ob wir ihn malen mit der brennenden Sorge der Landflucht in unserem Herzen, mit dem Gedanken an die Erhaltung der besten Erbmasse, an die Sicherung der Ernährungsfreiheit (...)". Diese Aussage verdeutlicht, dass jedes Bildmotiv der "Deutschen Kunst" über seine eigentliche Bedeutung hinaus als Träger der nationalsozialistischen Botschaft dienen sollte.
Ein großer Teil der von 1937 bis 1944 im Münchener Haus der "Deutschen Kunst" (siehe Extra) ausgestellten Bilder zeigte Landschaften, Handwerker und Bauern, Tiere, Porträts, Stillleben oder Akte.
Viele dieser Gemälde waren jedoch bereits vor 1933 entstanden und waren ein thematischer und stilistischer Rückschritt zur traditionellen, akademischen Genremalerei. Während die Individualität der Motive in den Hintergrund trat, erlangte die Darstellung von Archetypen (Bauern, Soldaten oder Mütter) zunehmend an Bedeutung. Die meisten der in den GDK vertretenen Kunstmaler waren Traditionalisten, die sich durch einen konservativen Stil auszeichneten. Durch die Verdrängung der modernen Kunst erlangten diese Künstler eine größere Aufmerksamkeit und Bedeutung.
Darüber hinaus bestand für sie die Option auf einen Verkauf von Bildern an Adolf Hitler oder bedeutende Mitglieder des NS-Staates, wie den Reichsluftfahrtminister und Kunstsammler Hermann Göring. Als "Gegenpol" zur GDK wurde ab dem 19. Juli 1937 ebenfalls in München eine Ausstellung mit dem Titel "Entartete Kunst" gezeigt. Dort grenzte man die von jüdischen Künstlern oder Vertretern moderner Kunststile geschaffene, "entartete" Kunst auf polemische Weise von der "Deutschen Kunst" ab.Extra

Das Haus der Deutschen Kunst wurde 1937 anlässlich der ersten Großen Deutschen Kunstausstellung in München eröffnet. Das Gebäude wurde von Paul Ludwig Troost entworfen und reiht sich als eines der ersten großen NS-Architekturprojekte in die Monumentalgebäude des Nationalsozialismus ein. Bis 1944 wurden dort acht "Große Deutsche Kunstausstellungen" sowie zwei "Architektur- und Kunsthandwerkausstellungen" gezeigt. phi

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