Olewiger Weinfest: Vivien I. sagt Adieu, Sandra I. ist neue Trierer Weinkönigin – Syrische Flüchtlinge zu Gast beim Krönungsabend

Trier · Der TV ist auf Stadtteiltour in Olewig, wo gerade richtig gefeiert wird: Trier darf sich seit Mittwochabend über eine neue Weinkönigin freuen, die am unterhaltsamen und auch berührenden Krönungsabend gekürt wurde. Von heute an wird weitergefeiert – unter anderem mit dem großen Feuerwerk zum Weinfest.

 Weinfest Trier-Olewig, Kroenungsabend im Klostergarten TV-Foto: Friedemann Vetter

Weinfest Trier-Olewig, Kroenungsabend im Klostergarten TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter

Einige letzte ermunternde Worte flüstert ihr ihr sichtlich stolzer Freund David ins Ohr. Dann geht's los. Sandra Roth betritt - zur Feier des Tages in einer festlichen grünen Robe und mit Lockenfrisur - die Bühne, um sich von Mosel-Weinkönigin Lisa Dieterichs zur Trierer Weinkönigin 2015/16 krönen zu lassen. Keine Spur mehr von Aufregung, auch nicht während ihrer Antrittsrede, die sie souverän meistert.

Großartig schocken hätte sie das Publikum mit ihrer Ansprache ohnehin nicht können, hatte Peter Terges, Vorsitzender der Olewiger Winzer-Vereinigung, seinen Rede-Rekord vom Vorjahr doch locker eingestellt. Terges nimmt's mit Humor und sich selbst auf die Schippe: "In der Zeitung stand, dass ich letztes Jahr 26 Minuten gebraucht habe. Da lege ich dieses Mal noch einen drauf." Sagt es (und noch viele weitere Dinge) und stoppt erst nach exakt 31:07 Minuten - gefolgt von Zugabe-Rufen. Die dürfte dem Publikum im nächsten Jahr gewiss sein.

Den längsten Applaus gibt's neben der Krönung für eine schöne Geste der Olewiger Winzer: Sie luden 20 Flüchtlinge aus Syrien ein, um mit den Trierern die neue Weinkönigin zu feiern. Stadträtin Jutta Albrecht (CDU) organisierte das Zusammentreffen, das auf beiden Seiten richtig gut ankam. "Wir haben das Gefühl, dass die Menschen uns hier heute Abend sehr nett aufgenommen haben", sagt Rosana mit Hilfe der 25-jährigen Ninorta Bahro, die ebenfalls aus Syrien kommt, seit zweieinhalb Jahren in Trier lebt und trotz der kurzen Zeit sehr gut deutsch spricht. Rosana (36) ist mit ihrer Familie erst seit einer Woche in Trier. Ihr gefällt die Musik vom Musikverein Tarforst und dem "singenden Kellermeister" Horst Schmitt sehr gut, und vor allem den halbtrockenen Wein findet sie lecker.

Für die Syrer ist der Abend eine willkommene Abwechslung zum Alltag in der Flüchtlingsunterkunft - und mitunter auch zu ihrem vorherigen Leben: "Eine Frau hat eben gesagt, dass sie seit Jahren nicht mehr so viel gelacht hat", berichtet Rosana. Sie hoffe, bald Deutsch lernen zu können und eine gute Arbeit zu finden.

Eine ihrer Beschäftigungen ist Vivien Gremmler, Trierer Weinkönigin 2014/15, nun wieder los. Die Pädagogik-Studentin arbeitet nebenbei noch in einer Bäckerei (Oberbürgermeister Wolfram Leibe: "Drei Dinge gleichzeitig - das kriegt nur eine Frau hin") und gesteht vor ihrer Abschiedsrede, auch nach einem Jahr als Weinmajestät noch nervös zu sein. Die Aufregung wandelt sich dann schnell in Rührung; die 21-Jährige kämpft auf der Bühne wie so viele ihrer Vorgängerinnen mit den Tränen.

Das ist für Sandra I. noch ein Jahr entfernt. Sie kann sich von Freitag bis Montag nun erst mal dem Publikum des Olewiger Weinfests präsentieren.

Ob Peter Terges schon an seiner Rede für 2016 tüftelt, ist nicht überliefert. Eines aber dürfte sie auf jeden Fall werden: rekordverdächtig.

SPLITTER: Kurz und knackig, Schneiderin und Schlagabtausch

Dass Weinköniginnen viel Humor besitzen, haben sie in ihren Reden bewiesen. Vivien, Trierer Weinkönigin 2014/15, dankte in ihrer Abtrittsrede unter anderem Schneiderin Stephanie Zeimet für "die spontanen Änderungen an meinem Kleid, das deshalb immer gepasst hat". Und die luxemburgische Weinkönigin Muriel antwortete auf Peter Terges' Bitte, nicht 31 Minuten lang zu reden: "Meine Grußworte sind so wie ich: kurz und knackig."

'Kurz - dieses Attribut kann Triers Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) nicht für sich in Anspruch nehmen. Dafür aber umweltfreundlich: Der 1,97-Meter-Mann zwängte sich samt Gattin Andrea Sand nämlich in einen Elektro-Smart, um nach Olewig zu kommen. Die Belohnung: jede Menge Küsschen von den Weinmajestäten. Oberwinzer Terges plauderte dann noch aus dem Nähkästchen: "Wir haben einen sehr höflichen OB. Er hat eben abseits des Mikrofons die Weinkönigin vorher gefragt, ob er sie küssen darf."

Weniger romantisch - und vor allem weniger zurückhaltend - dürfte es am Sonntag am Brettenbach beim traditionellen Fassrollen zugehen. Als das Thema auf der Bühne angesprochen wird, habe Thomas Neises (SPD) seinem Stadtrats- und Parteikollegen Markus Nöhl gleich auffordernd auf die Schulter geklopft, sagte Terges. Nöhl und Andreas Schleimer wollten zu späterer Stunde eine Teilnahme weder bestätigen noch dementieren: "Wir grübeln noch über eine mögliche Teamzusammensetzung." Ob die Genossen das Fass am Sonntag tatsächlich ins Rollen bringen, davon kann sich jeder ab 15 Uhr selbst ein Bild machen. Servicehinweis (nicht nur für die SPD): Anmeldungen werden bis 14 Uhr entgegengenommen.

Protektor Werner Dellwing (Vorstand der Volksbank Trier), nahm seine Rolle als Schirmherr wörtlich: Er überreichte Terges einen Schirm, "um Sandra I. beschützen zu können". Für ihren Schlagabtausch hätten die beiden Eintritt verlangen können. "Der hat Bienen in der Hose", offenbarte sich Dellwing als Kenner des Tausendsassas Terges. Der wiederum machte klar, was ein Protektor alles zu leisten hat: "Komm, jetzt mach der Sandra mal das Glas voll!"

Das eine oder andere Glas Wein gab's für die CDU-Fraktion zwar auch, aber die hätte es wohl gar nicht gebraucht: Sie war mit Abstand der erste Tisch, der zu den Weinliedern ausgelassen schunkelte.

Dagmar Barzen, Präsidentin der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, wurde recht schnell klargemacht, was von ihr erwartet wird. In seiner Begrüßungsrede bedauerte Terges, dass sich die Trierer Weinköniginnen nicht mehr wie früher auf dem Balkon des Kurfürstlichen Palais präsentieren - dort, wo Barzen heute mit ihrer Behörde residiert. Terges: "Jetzt wissen Sie ja, warum Sie heute eingeladen wurden, Frau Barzen."

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