Jobben bis 80, Firmen unter Druck: Wie sich die Arbeitswelt wandelt

Trier · Jobgarantie, aber arbeiten bis 80? Was jetzt absurd klingt, halten Zukunftsforscher schon bald für den gängigen Arbeitsalltag. Wer die Jobs dann erledigen soll, beschäftigt die regionale Wirtschaft schon jetzt. Anlass ist eine Studie.

Ein Firmenchef aus Trier leiht Auszubildenden einen Monat lang einen Smart aus, um sie anzuspornen. Friseure aus einem Betrieb fliegen nach Mallorca und werden am Gewinn ihres Unternehmens beteiligt. Karl-Heinz Schwall von der Handwerkskammer (HWK) sagt: "Es gibt in der Region viele Firmen, die neue Wege gehen, um Mitarbeiter zu gewinnen." Das ist auch bitter nötig, sagen Zukunftsforscher wie der Leipziger Michael Carl, die erkunden, wie sich die Arbeit schon bis ins Jahr 2025 verändern soll. Carl erwartet eine Revolution. Unternehmen müssten Arbeitnehmern deutlich mehr bieten, um attraktiv zu sein. Der Forscher rechnet damit, dass Firmen von der Eifel bis nach Berlin Mitarbeiter schon in zehn Jahren dabei unterstützen, kranke Angehörige zu pflegen, Wohnungen zu bauen - und Schulen zu erhalten. Außerdem geht er davon aus, dass Menschen künftig arbeiten, bis sie 80 Jahre alt sind. "Weil es an einer sicheren Rente fehlt - und an den nötigen Arbeitskräften", sagt er. Eine Erhebung des Statistischen Landesamtes unterstreicht die Warnung des Forschers. Demnach sinkt die Zahl der erwerbstätigen Menschen in Rheinland- Pfalz bis 2035 von 2,17 Millionen um 330 000 auf 1,84 Millionen, weil die Gesellschaft immer älter wird. In der Region Trier sollen bis dahin 37 900 Arbeitskräfte weniger auf dem Markt zur Verfügung stehen. Für Jan Glockauer, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Trier, ist das ein Alarmzeichen. "Gibt es keine Fachkräfte, sieht es im ländlichen Bereich düster aus - und Wirtschaftskraft geht verloren." Bereits jetzt kämpfen Betriebe von der Pflege bis zum Handwerk um Arbeitskräfte. 4661 unbesetzte Stellen gibt es laut Arbeitsagentur allein in der Region Trier - das sind 23 Prozent mehr als im Vorjahr. Karl-Heinz Schwall sieht aber einen Hoffnungsschimmer: "Die Unternehmen, die jetzt den Mitarbeiter mehr in den Mittelpunkt stellen, haben schon mehr Bewerbungen auf dem Tisch liegen." Wirtschaftskammern und Zukunftsforscher rechnen auch mit steigender Digitalisierung. Michael Carl erwartet dennoch keine Arbeitslosigkeit, wenn Maschinen manche Jobs von Menschen übernehmen - er spricht von Vollbeschäftigung.

Wenn der Chef ein Roboter ist: Zukunftsforscher erklärt im TV-Interview, wie sich der Arbeitsmarkt ändert

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