Die Rückkehr aus der Stille

Der großgewachsene Junge aus Daleiden ist wieder da: Nicholas Müller. Im Herbst wird das neue Album des Musikers und früheren Jupiter-Jones-Sängers erscheinen.

Die Rückkehr aus der Stille
Foto: (g_pol3 )

Allerdings ist es nicht allein sein Projekt: Denn die Musik schrieb Tobias Schmitz, langjähriger Freund und Musikerkollege aus Prüm.
"So still, obwohl ich dich mit jedem Tag vermiss und, wo immer du auch gerade bist, du zeigst mir, dass Stille jetzt dein Freund geworden ist …" (Jupiter Jones, "Still").

Viele haben ihn vermisst: Nicholas Müller, Sänger von Jupiter Jones, dessen so kraftvolle wie melancholische Stimme in Deutschland so ziemlich jeder kennen dürfte, seit "Still" 2011 zum Hit wurde - kein Lied wurde in jenem Jahr häufiger im Radio gespielt.

Anfang vorigen Jahres aber kam die Nachricht, dass Müller die Band verlassen werde: Eine Angststörung machte ihm so zu schaffen, dass er nicht mehr auf die Bühne gehen konnte. Und alle, die seine Kunst und den Menschen dahinter schätzen, fragten sich, ob er noch einmal zurückkommt. Die Antwort: Ja - bald wird der 33-Jährige wieder zu hören sein, mit neuen Songs, einem ganzen Album davon. "Weit weg von fertig" heißt es und erscheint im Oktober.

Beseelt: Das ist das erste Wort, das dem Reporter einfällt, als er Müller und Tobias Schmitz bei der Arbeit im Studio erlebt. Wir treffen uns in Heyroth, auf dem "Mars" (Moderne Anstalt Rigoroser Spakker), wie Thomas D von den Fantastischen Vier seine Kombination aus Künstlerkommune und Aufnahmestudio genannt hat. "Wir haben", sagt Nicholas Müller, "noch einen Monat vor uns, in dem ein Arsch voll Arbeit auf uns wartet". Die Platte ist das erste komplett gemeinsame Werk der beiden, auch wenn sie schon lange miteinander musizieren: "Was kann einem Besseres passieren als so ein toller Sänger und Texter wie Nicholas?", sagt Tobias Schmitz. Alles, was dieser schreibe, komme von jenem besonderen Ort, "wo die guten Sachen herkommen".

Und dass die nicht minder guten Sachen, die Schmitz komponiert hat, am Ende so bestechend wie nur eben möglich klingen dürften, zeigt die akribische Arbeit im Studio: Gitarrist Ulrich Rode spielt gerade einen akustischen Part ein. Schmitz schaltet sich sanft dazwischen und regt Rode dazu an, die Passage etwas anders zu intonieren. Mit jedem Mal wird das schwieriger und kniffliger, bis Schmitz irgendwann zufrieden nickt. Rode probiert die neue Version einmal durch und nagelt die Passage im zweiten Durchgang. Sein Kommentar: "sportlich."

Die beiden werden nicht müde, die Musiker zu rühmen, die mit ihnen zusammenarbeiten: Rode, Anne de Wolff (Streichinstrumente und Gesang), Carsten Thonack (Gitarren und Perkussion), Sönke Reich (Schlagzeug), Roda Bade (Tasteninstrumente), Torsten Haas (Bass) und Produzent Bertil Mark. Allesamt Cracks, die man nur auf Musik loslassen müsse - "und plötzlich", sagt Tobi Schmitz, "wird's ganz groß". Deshalb, ergänzt Nicholas, wolle man, "so oft es möglich ist, genau mit dieser Besetzung auch auf der Bühne stehen".

Auf ein paar Bühnen, zum Beispiel in Kerpen und seinem Heimatort Daleiden, war Nicholas Müller in den vergangenen Monaten schon zu sehen, zusammen mit den beiden Kabarettisten Hubert vom Venn und Achim Konejung. Es waren witzige, ausgelassene Abende rund um das Buch, das Müller und vom Venn geschrieben haben - einen Briefroman, in dem sie einander von ihren aktuellen und früheren Erlebnissen berichten. Allerdings ging es zwischendurch auch ernst zu: Wenn Nicholas Müller offen von seiner Krankheit sprach und um eine Spende bat für die Deutsche Angst-Selbsthilfe, eine Organisation, die er nach Kräften unterstützt, auch mit seinen Honoraren für solche Auftritte.

Zurück ins Studio: Wir hören in "Parade" rein, das zart und elegisch beginnt und sich dann zum großen Finale steigert: "In dem Song singe ich über den Tod. Das war immer meine größte Angst. Das ist es immer noch. Aber ich kann drüber sprechen." Und das tut er auf ermutigende Weise. "Ich schreib jetzt seit 13 Jahren deutsche Texte. Und habe mir immer Mühe gegeben, das lebensbejahend zu machen. Und so lebensbejahend wie auf dieser Platte war es noch nie."
Extra

Nicholas Müller wurde 1981 in Prüm geboren und wuchs in Daleiden auf. Nach dem Besuch des Prümer Regino-Gymnasiums begann er eine Ausbildung zum Heil-Erziehungspfleger, die er aber nicht beendete. Er wurde Musiker. Seine Band Jupiter Jones, 2002 zusammen mit Marco Hontheim, Michael Stadtfeld und Sascha Eigner gegründet, schaffte 2011 den Durchbruch (siehe Seite 61). Im Frühjahr 2014 gab Müller seinen Ausstieg aus der Band bekannt. Er lebt mit Frau und Tochter in Münster. Das Album "Weit weg von fertig" erscheint im Oktober unter dem Bandnamen "von Brücken". Mehr unter: www.vonbruecken.de fpl

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