Letzte Ruhe ohne Sarg und Namen

Trier · Ist die traditionelle Beerdigung ein Auslaufmodell? In vielen Familien ist die sich verändernde Bestattungskultur ein Diskussionsthema. Immer mehr Menschen in der Region lassen sich nach ihrem Tod verbrennen, viele anschließend sogar anonym beisetzen.

 Am 1. November feiern die Katholiken das Fest Allerheiligen. Dabei wird der Toten gedacht. Die überlieferte Form der Erdbestattung ist heute nicht mehr selbstverständlich. TV-Foto: Friedemann Vetter

Am 1. November feiern die Katholiken das Fest Allerheiligen. Dabei wird der Toten gedacht. Die überlieferte Form der Erdbestattung ist heute nicht mehr selbstverständlich. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. (sey) Am Sonntag ist Allerheiligen. An diesem katholischen Feiertag gedenken die Gläubigen seit Generationen an blumengeschmückten Gräbern ihrer Verstorbenen. Doch die Reihen auf den Friedhöfen lichten sich von Jahr zu Jahr. Ein Grund: Immer mehr Verstorbene werden anonym bestattet. Die Verbraucher-Initiative Bestattungskultur Aeternitas schätzt den Anteil der anonymen Begräbnisse in Deutschland bereits auf rund 15 Prozent. Tendenz steigend.

Längst haben auch in vielen ländlichen Regionen Urnen-Beisetzungen Erdbestattungen den Rang abgelaufen. So wurden etwa in der Verbandsgemeinde Trier-Land vor zwei Jahren 67 Verstorbene eingeäschert und 61 konventionell bestattet. In den meisten Städten der Region klafft die Lücke noch weiter auseinander; landesweit liegt das Verhältnis bereits bei 60:40. "Die Feuerbestattungen haben in den letzten Jahren explosionsartig zugenommen", sagt der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Bestatterverbands, Detlef Rech. Das hat Folgen nicht nur für viele Kommunen, die noch vor zehn Jahren über Platzmangel auf den Friedhöfen diskutierten und sich heute Gedanken über Urnenwände oder gar Friedhofsschließungen machen müssen. Vor allem kleine und mittelständische Betriebe leiden unter der sich wandelnden Begräbniskultur. "Bei vielen Gärtnereien und Steinmetzen brechen die Umsätze ein", sagt Trauer-Experte Rech. Schuld daran seien nicht nur die zunehmenden Urnen- und anonymen Bestattungen, sondern die Sparsamkeit vieler Angehöriger. "Die gehen heute zum Blumenkauf in den Baumarkt statt in die Gärtnerei", sagt Detlef Rech.

Auch der Obermeister der Trierer Steinmetz- und Bildhauer-Innung, Hans-Peter Melchisedech, trauert den Zeiten hinterher, als eine konventionelle Beerdigung samt Grabstein oder -platte noch die Regel und nicht die Ausnahme war. "Etliche Mitgliedsbetriebe mussten in den letzten Jahren schon kräftig Personal abbauen", sagt der Obermeister. Gemeinsam mit einigen Kollegen hat Melchisedech im vergangenen Jahr die Initiative Friedhofskultur gegründet und plädiert seitdem öffentlichkeitswirksam für den Erhalt der traditionellen Begräbnisformen.

Auch die Bestatter-Branche hat schon bessere Zeiten erlebt. "Umsätze und Erträge gehen zurück, und die Konkurrenz wächst", sagt Verbandschef Detlef Rech. Den teils ruinösen Preis-Wettbewerb würden viele Betriebe nicht überleben. dr

gesellschaft

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort