Am Abgrund

Ruhig ist es zuletzt um das deutsche Engagement in Afghanistan gewesen, zu ruhig. In der öffentlichen wie politischen Wahrnehmung hat die fortdauernde Präsenz der Bundeswehr und anderer am Hindukusch kaum mehr eine Rolle gespielt.

Weil der Kampfeinsatz offiziell vor zwei Jahren für beendet erklärt wurde - und seitdem "nur" noch Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte der Auftrag ist.
Der massive Angriff der Taliban mit vielen Toten und Verletzten auf das deutsche Generalkonsulat in Masar-i-Scharif hat nun auf schlimmste Weise in Erinnerung gerufen, wie es tatsächlich um das Land bestellt ist: Es gibt keinen umfassenden Frieden und kaum mehr Sicherheit und Stabilität. Das militärische Engagement der internationalen Gemeinschaft mit deutscher Beteiligung, das nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 begann, hat viele seiner Ziele schlichtweg verfehlt.
Mag sein, dass das Land zumindest nicht mehr die zentrale Brutstätte des Terrorismus ist. Der sogenannte Islamische Staat sucht sich seine Kämpfer woanders. Insider warnen aber schon lange, dass Afghanistan wieder am Abgrund steht. Denn viele der Milliarden, die der Westen in das Land gepumpt hat, sind versickert; weder wurde die grassierende Korruption noch der gigantische Drogenanbau eingedämmt. Hauptgrund dafür sind zerstrittene Provinzfürsten und ein bestechlicher Regierungsapparat.
Das hat die Taliban wieder stark gemacht. Vor wenigen Wochen wurde dies durch den Angriff der Terroristen auf Kundus deutlich. Ausgerechnet auf den Ort, der bis 2013 von der Bundeswehr geschützt wurde.
Jetzt die Attacke auf das deutsche Konsulat. Ein weiterer Weckruf, dass der Westen dringend eine neue Afghanistan-Strategie benötigt.
nachrichten.red@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort