Die Karte Dreyer reicht nicht

Die AfD segelt im Aufwind, die CDU büßt ein, die Zufriedenheit mit der Landesregierung steigt, die Beliebtheit der Ministerpräsidentin nimmt stark zu, mehr als die ihrer Herausforderin: Das sind die teils überraschenden Kernaussagen der jüngsten Umfrage zur Landtagswahl im März. Man kann das Aufatmen des rot-grünen Regierungslagers in Mainz spüren, im Internet bei Twitter oder Facebook sogar schwarz auf weiß lesen.

So viele Enttäuschungen und Rückschläge gab es in den vergangenen Monaten - da kommen den Politikern vermeintliche Verheißungen wie die der Infratest-dimap-Befragung gerade recht.

Zumindest eines macht die Erhebung deutlich: Der Wahlkampf ist keinesfalls schon dergestalt entschieden, dass die Wachablösung vollzogen wäre. Wer die politische Landschaft in Rheinland-Pfalz über die vergangenen drei Jahrzehnte nachvollzieht, kann darüber nicht überrascht sein. Fast immer hat die Union im Verlauf der Wahlperiode die Nase in Umfragen vorne gehabt, lag häufig sogar über 40 Prozent - um am Ende doch das Nachsehen zu haben.

Bei den CDU-Parteistrategen werden deshalb jetzt - obwohl offiziell natürlich das Positive herausgestrichen wird - die Warnleuchten angehen. Die Basis grummelt schon lange über den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingsfrage. Man ahnt, dass die Bevölkerung unzufrieden ist. Die neuen Zahlen in Rheinland-Pfalz zeigen, wie berechtigt die Befürchtungen sind.

An zwei Fakten ist allerdings nicht zu rütteln, darauf kann sich CDU-Chefin Julia Klöckner stützen: Die Union bleibt stärkste Kraft, nach derzeitiger Lage führt an ihr kein Weg vorbei. Und Rot-Grün hat weiterhin keine Mehrheit in Rheinland-Pfalz. Die wahrscheinlichste Regierungsvariante ist angesichts von möglicherweise fünf Parteien im künftigen Landtag eine große Koalition - mit Klöckner als Ministerpräsidentin.

Gleichwohl werden SPD und Grüne vor allem einen Schluss ziehen: Wenn die Zufriedenheit der Bürger mit der Landesregierung und deren Chefin so hoch und keine Wechselstimmung erkennbar ist, lohnt es sich zu kämpfen. Dass die Genossen das können, haben sie hinlänglich bewiesen.

Ihr Hauptziel wird darin bestehen, die ungewöhnlich hohe Diskrepanz zwischen der Beliebtheit ihres Aushängeschildes Malu Dreyer und der Schwäche der Partei zu beseitigen. Wie das gelingen soll, bleibt schleierhaft - schließlich schneidet die SPD in Rheinland-Pfalz mit 31 Prozent schon wesentlich besser ab als im Bund, wo sie bei rund 24 Prozent dümpelt.
Selbst die Karte Malu Dreyer reicht aber nicht. Auf das größte Problem haben weder SPD noch Grüne bisher auch nur ansatzweise eine Antwort gefunden: die AfD. Ziehen die Rechtspopulisten in den Landtag ein, kann es keine rot-grüne Regierung mehr geben. Insofern ist es albern und naiv, sich nicht mit AfD-Vertretern in Talkshows auseinandersetzen zu wollen.
f.giarra@volksfreund.de

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