Die flexible Null

Streng genommen kann die Union nur auf wenige Errungenschaften verweisen, die sie der SPD beim gemeinsamen Regieren abgetrotzt hat. Die schwarze Null im Bundeshaushalt gehört auf jeden Fall dazu.

Doch seit immer mehr Flüchtlinge die deutschen Grenzen überqueren, wachsen auch die Zweifel, ob Etats ohne neue Schulden ein Dauerläufer sind. Der Kassenwart hat diese Skepsis genährt, als er kürzlich davon sprach, die schwarze Null "wenn möglich" weiter zu gewährleisten.
Wolfgang Schäuble baut vor. Und damit ist er klug beraten. Schließlich vermag keiner seriös vorherzusagen, wie sich die Flüchtlingskrise weiter entwickelt. Was, wenn die Asylverfahren doch länger dauern als fünf Monate, auf denen Schäubles finanzielle Kalkulation beruht?
Was, wenn die Integration mehr schlecht als recht gelingt und deshalb immer größere Zahlungen aus dem Hartz-IV-Topf fällig werden? Allein das sind schon Unwägbarkeiten genug.
Nun gibt es sicher auch Möglichkeiten, die schwarze Null unter allen Umständen einzuhalten. Schäuble könnte zum Beispiel die Einnahmen, sprich Steuern, erhöhen. Aber das ist in der gegenwärtigen Phase wirtschaftlicher Stärke politisch kaum vermittelbar.
Genauso wenig kommt ein rigider Sparkurs in Betracht. Die Kosten für die Flüchtlinge gegen sanierungsbedürftige Straßen oder Schulen auszuspielen, wäre pures Gift für die Willkommenskultur.
Nüchtern betrachtet ist die schwarze Null das politische Sahnehäubchen auf der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse.
Demnach darf der Bund durchaus bis zu einem gewissen Umfang neue Kredite aufnehmen, ohne die Spielregeln zu verletzen. Daraus wurde das zweifellos nachvollziehbare Dogma des Bundes, die Schuldenbremse "überzuerfüllen".
Gut möglich, dass sich der Finanzminister angesichts der enormen Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise davon verabschieden muss.
Man kann es aber auch mit "Flexibilität" umschreiben, die Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Land nunmehr verordnet hat.

nachrichten.red@volksfreund.de

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