Ein Desaster für die SPD

Mainz · Wie die Nürburgring-Affäre die gesamte Partei beschädigt - ein Kommentar unseres Mainzer Korrespondenten Frank Giarra.

Selten hat ein Ereignis schon im Vorfeld so viel Wirbel ausgelöst wie der neue Prüfbericht des Rechnungshofes zum Nürburgring . In sorgenvoller, beinahe ängstlicher Erwartung der Kritik hat die Landesregierung versucht, in Hintergrundrunden mit Journalisten die Folgen abzumildern. Ihre Stellungnahme ist fast ebenso lang wie der Bericht. Genutzt hat es wenig.

Das Gutachten ist so bedeutungsvoll, weil es indirekt zwei Kernfragen der seit Jahren andauernden Affäre thematisiert. Die erste lautet: Hat die damalige SPD-Landesregierung im Vorfeld der Landtagswahl 2011 die Lage an der Eifel-Rennstrecke schöngeredet? Die Antwort: Natürlich hat sie das. Politiker wollen gewählt werden. Dazu ist ihnen oft jedes Mittel recht. Auch das, der Öffentlichkeit Beruhigungspillen zu verabreichen. In diesem Fall haben führende Sozialdemokraten wie Fraktionschef Hendrik Hering und Finanzminister Carsten Kühl Pech gehabt, weil ihre wohlfeilen Worte im Nachhinein vom Rechnungshof entlarvt werden. Das kratzt an ihrer Glaubwürdigkeit.

Die zweite Kernfrage lautet: Sind außer Ex-Finanzminister Ingolf Deubel, der sein Amt verloren hat und laut einem noch nicht rechtskräftigen Gerichtsurteil sogar dreieinhalb Jahre ins Gefängnis soll, noch weitere Politiker für den Skandal verantwortlich? Hier muss die Antwort differenziert ausfallen. Einerseits haben Hering und Kühl versucht, nein, auf Geheiß des damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck versuchen müssen, zu retten, was vor ihnen verbockt worden war. Man darf ihnen dabei unterstellen, nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben. Sie bedienten sich der Expertise von renommierten Wirtschaftsprüfern, anstatt wie Deubel im Geheimen zu tricksen.

Auf der anderen Seite sind auch Hering und Kühl letzten Endes kläglich gescheitert. Die Insolvenz des Nürburgrings kostet den Steuerzahler einen dreistelligen Millionenbetrag. Das ist verheerend, denn das Geld fehlt dem hoch verschuldeten Land an allen Ecken und Kanten. Und es führt zu einer Belastung jüngerer Generationen.

Im Endeffekt sind durch die Ring-Affäre nicht nur Deubel, Beck, Hering und Kühl beschädigt, sondern die Landes-SPD insgesamt. Da hilft auch keine Entschuldigung des früheren Regierungschefs, die sich manche Genossen wünschen. Selbst auf die Grünen färbt die Affäre politisch immer stärker ab. Früher die größten Kritiker, stehen sie seit Beginn der Wahlperiode in Nibelungentreue zum Koalitionspartner SPD. Glaubwürdig ist diese Kehrtwende nicht. Ob sie sich durchhalten lässt, bleibt abzuwarten. f.giarra@volksfreund.de

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