Grüne Wehleidigkeit

Mit ihrem Gang nach Karlsruhe wegen der "Ehe für alle" hat es die Partei übertrieben.

 Stefan Vetter

Stefan Vetter

Foto: Mathias Krohn

Umfangreiche Minderheitenrechte gehören zum Wesen der parlamentarischen Demokratie. Damit die Opposition nicht von der Regierungsmehrheit erdrückt wird, damit sie schlagkräftig dagegenhalten kann. Dafür zu kämpfen, ist gerade angesichts einer übermächtigen großen Koalition im jetzigen Bundestag notwendig gewesen.

Doch die Grünen haben es mit ihrer Klage in Karlsruhe zur "Ehe für alle" übertrieben. Der Antrag, das Parlament zu einer Abstimmung zu zwingen, sei unbegründet, es gebe keine willkürliche Verschleppung, so die Richter. Deftiger kann eine Ohrfeige vom Verfassungsgericht nicht ausfallen.

Unabhängig davon, wie man zur "Ehe für alle" steht, so muss doch gelten: Wer politische Projekte nicht in seinem Sinne durchsetzen kann, der sollte nicht aus Frust und Verärgerung versuchen, krampfhaft einen Erfolg richterlich herbeizuführen. Das ist der völlig falsche Weg. Wer ihn trotzdem geht, offenbart eine gewisse politische Wehleidigkeit. Von der scheinen die Grünen jedenfalls in diesem Fall erfasst worden zu sein.

Dabei wissen auch sie, dass es zum täglichen Geschäft im Bundestag gehört, dass Mehrheiten Vorhaben ablehnen oder auf den Weg bringen, einmal oder mehrmals. Und sei es nur aus Rücksicht auf die eigene Koalition. Bei der "Ehe für alle" kann vor allem die SPD ein Lied davon singen. Denn nicht nur die Opposition und der Bundesrat haben sich mehrfach für die Einführung starkgemacht, die Genossen sind mit der Forderung sogar in den Wahlkampf 2013 gezogen. Doch dann hat der SPD der Mut gefehlt, sich mit ihrem Partner Union anzulegen. Das ist die Wunde, in die die Grünen in den nächsten Wochen den Finger legen müssen. In der politischen Auseinandersetzung - und nicht in Karlsruhe.

nachrichten.red@volksfreund.de

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