Kapital und Arbeit

Schenkt man der Großen Koalition Glauben, dann hat sie endlich ein Rezept zur ultimativen Versöhnung von Kapital und Arbeit gefunden.

Von einer "neuen Kultur" in der sozialen Marktwirtschaft schwärmte SPD-Minister Olaf Scholz nach der Verabschiedung des Mitarbeiterbeteiligungsgesetzes durch das Bundeskabinett. Die Union spricht gar vom wichtigsten gesellschaftspolitischen Signal der laufenden Wahlperiode. Doch die nüchternen Fakten lassen ahnen, dass der Lobgesang kaum mit der Realität korrespondiert. Nur gut zwei Millionen Arbeitnehmer sind hierzulande finanziell am Betriebsergebnis ihrer Firma beteiligt. Durch die beschlossene Verbesserung von Steueranreizen samt höheren Verdienstgrenzen erhofft sich die Regierung eine Ausweitung dieses Kreises auf gerade einmal drei Millionen Personen. Ehrgeizige Ziele klingen anders.

Nun ist es zweifellos so, dass sich die Menschen nicht gerade um Aktien oder Fondsanteile reißen. Die jüngste Talfahrt an den Börsen hat das Misstrauen eher noch beflügelt. Daran ändert auch der Lockruf nichts, dass Arbeitnehmer stärker am eigenen Unternehmen partizipieren sollen. Und selbst wer dazu bereit wäre und das nötige Geld besitzt, wird sich vielleicht daran erinnern, auch noch die private Altersvorsorge schultern zu müssen. Hier gibt es zweifellos deutliche Fortschritte. Die Zahl der Riester-Verträge ist nämlich innerhalb von zwei Jahren um 80 Prozent auf 11,5 Millionen gestiegen. Dafür nimmt Vater Staat auch deutlich mehr Geld in die Hand. Deshalb sollte er sich nicht noch bei anderen Fördermaßnahmen verzetteln. Mag sein, dass der eine oder andere Arbeitnehmer die günstigeren Konditionen nutzt, um sich bei seiner Firma "einzukaufen". Zum Kapitalisten wird er deshalb noch lange nicht.

nachrichten.red@volksfreund.de

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