Kein Handlungsbedarf

Bei allem Verständnis für den Versuch, den bröckelnden Schutz der Sonn- und Feiertage hierzulande hochzuhalten: Flohmärkte sind dafür ein denkbar schlechtes Exerzierfeld. Mag sein, dass viele Organisatoren auf Profit aus sind, und viele Besucher gerade in Zeiten knappen Geldes auf Schnäppchen hoffen - die Sache hat also durchaus mit Kommerz zu tun.



Aber vorrangig sind Flohmärkte immer noch eine sinnvolle Tauschbörse unter Bürgern, die Verwertbares nicht einfach wegwerfen wollen.

Und eine Form gesellschaftlicher Kommunikation.

Und nicht zuletzt eines der wenigen gemeinsamen Familien-Vergnügen, gerade weil sie sich meist am Sonntag abspielen.

Mit anderen Worten: Es handelt sich, wenn sie auf angemessenen Plätzen stattfindet, um eine schützenswerte Einrichtung, die mitnichten "dem Wesen des Sonn- und Feiertags widerspricht", wie es im Neustädter Urteil heißt. Eher im Gegenteil.

Wollte man das Kriterium der Richter ernst nehmen, umsatzorientierte Veranstaltungen seien am Sonntag per se nicht zulässig, müsste man auch die Restaurants schließen - es sei denn, man nimmt an, deren Besitzer würden ihre Betriebe aus Spaß an der Kommunikation öffnen.

Vorbei wär's auch mit dem Sonntagsspiel der Fußball-Bundesliga, sind doch die Vereine längst knallharte Wirtschaftsbetriebe.

Und "Rock am Ring" müsste samstags enden, außer die Stars spielen am letzten Tag für Gotteslohn.

Nun können Richter auch nichts anderes tun, als vorhandene Gesetze auszulegen. Sollte also das Oberverwaltungsgericht die Auffassung des Verwaltungsgerichts Neustadt teilen, wäre die Politik am Zug, notwendige Ausnahmeregelungen gesetzlich zu verankern.

Bis dahin empfiehlt es sich, das Urteil aus der Pfalz gelassen zu prüfen, dann notfalls noch eingehender zu prüfen und, so lange die Prüfung dauert, den Dingen ihren Lauf zu lassen.

Die Bürger sehen ganz bestimmt keinen eiligen Handlungsbedarf. nachrichten.red@volksfreund.de

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