Pro/Kontra: Braucht Trier ein Theater?

Trier · Das Trierer Theater, Prestigebau aus den 1960ern, ist in die Jahre gekommen. Mehr als 31 Millionen Euro wären notwendig, um dieses kulturelle Angebot im Oberzentrum der Region zu erhalten. Ob eine solche Investition gerechtfertigt ist, darüber ist der Streit der Meinungen entbrannt. Unterschiedliche Ansichten zu diesem Thema gibt es auch in der Volksfreund-Redaktion, weshalb Sie heute eine etwas andere Art der Kommentierung auf dieser Seite finden.

 Auftakt zu einem Premierenwochenende am neuen Theater Trier unter Leitung von Karl Sibelius, der mit dem Stück "Alles bleibt Anders" den gelungenen Auftakt spielte. Nach der Uraufführung von "Ur" wurde im neu gestalteten Theaterfoyer und im Theaterhof gefeiert. TV-Foto: Friedemann Vetter

Auftakt zu einem Premierenwochenende am neuen Theater Trier unter Leitung von Karl Sibelius, der mit dem Stück "Alles bleibt Anders" den gelungenen Auftakt spielte. Nach der Uraufführung von "Ur" wurde im neu gestalteten Theaterfoyer und im Theaterhof gefeiert. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter

Pro: Trier braucht ein eigenes TheaterVon Michael Schmitz

Ausgaben für die Kultur - und dazu gehören auch solche fürs Theater in Trier - sind "freiwillige Leistungen". Sind sie deshalb weniger wert? Muss man sie radikaler zusammenkürzen als andere im Haushalt? Sollte man das Theater Trier vielleicht gleich ganz schließen? So zu argumentieren, dürfte zwar schnellen Beifall bei vielen garantieren, die ohnehin kein Verständnis für den Wert von Kultur haben.

Es ist aber kurzsichtig und falsch. Trier braucht ein vernünftig ausgestattetes Ensemble-Theater, weil es nicht nur den Trierern, sondern den Menschen aus der ganzen Region bezahlbare, professionelle Kunst in erreichbarer Nähe bietet; weil es ein weicher Standort-Faktor und wichtig für die Attraktivität einer Großstadt ist; weil es auf die vielfältige freie Kulturszene in der Stadt ausstrahlt; weil es als Bespieltheater in direkter Konkurrenz zu konkurrenzlos gut ausgestatteten Luxemburger Häusern nur verlieren könnte; weil ein kritisches, polarisierendes Theater aus einer offenen, modernen, pluralistischen Gesellschaft einfach nicht wegzudenken ist.

Natürlich können weder Stadtratsmitglieder noch Landtagsabgeordnete guten Gewissens einer 50-Millionen-Euro-Sanierung auf einen Schlag zustimmen. Das Geld ist einfach nicht da. Wenn der Kulturdezernent aber einen nachhaltigen Plan zur Sanierung Schritt für Schritt über fünf bis zehn Jahre vorlegt, wird sich dem niemand verweigern können. Dabei ist hinter den Kulissen die Kreativität gefragt, die das Theater auf der Bühne längst zeigt. m.schmitz@volksfreund.de
Kontra: Neu denken, dichtmachen

Von Damian Schwickerath

Straßen sind kaputt, Schulen und Turnhallen marode, das Theater nur noch eine Bruchbude, die Stadt völlig pleite. Macht nichts, auch wenn es ums Theater geht, muss in Trier alles so bleiben, wie es ist.

Seit Jahren, seit Jahrzehnten, kann sich diese völlig überschuldete Stadt kein Drei-Sparten-Haus leisten. Jeder wusste und weiß das. Was soll's, Trier tut's trotzdem. Bloß nichts verändern, nichts Neues probieren, über sparsamere Lösungen nachdenken. Statt dessen alles behalten wollen, irgendwie hilft schon noch das Land oder aber - auch das wird immer wieder gerne genommen - das ebenfalls weitgehend bankrotte Umland soll ran.

Dass die Kreise der Region nach derzeitiger Rechtslage der Stadt Trier überhaupt nicht unter die Arme greifen dürfen, stört bei der Argumentation keinen. Warum wird nicht öffentlich und ehrlich über die Schließung des Trierer Hauses diskutiert? Die Region ist doch von guten Theatern geradezu umzingelt. Luxemburg, Saarbrücken, Koblenz, Köln! An kulturellen Angeboten herrscht in erreichbarer Entfernung kein Mangel.

Und auch Trier müsste ja nicht unbedingt auf kulturelle Angebote verzichten. Warum nicht dem Luxemburger Vorbild folgen? Dort hat man keine eigenen Ensembles, statt dessen spielen, tanzen und singen dort Stars aus aller Welt. Eine oder zwei Nummern kleiner wäre das auch für Trier denkbar. Vielleicht ließe sich auf der Basis ja sogar mit dem Land über die Sanierung des maroden Gebäudes reden. Schließlich spart das Land in diesem Fall ja auch jährliche Millionenzuschüsse an dieses Fass ohne Boden, genannt Trierer Theater. d.schwickerath@volksfreund.de

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