Rückkehr der Tristesse

In den vergangenen Wochen hatte man fast den Eindruck, eine andere Bundesregierung zu erleben. So tatkräftig, wie die Koalitionspartner die Finanzkrise angegangen sind, schienen sie zugleich jene Lügen strafen zu wollen, die ihr vorwerfen, das Land bis zum Wahltag 2009 nur noch zu verwalten, aber nicht mehr zu regieren.

Doch kaum ist die Finanzkrise, so gut es eben geht, bewältigt, fällt die Regierung wieder weitgehend in altbekannte Tristesse zurück.

Angefangen hat es mit dem Bildungsgipfel, Angela Merkels grandioser Nullnummer. Und heute wird das Kabinett ein Konjunkturprogramm beschließen, das keines sein darf. Erstens entsprechen solche Programme beileibe nicht der wirtschaftspolitischen Grundhaltung der Union, und zweitens will die nach links driftende SPD nicht den Eindruck erwecken, dass der Staat nach den Banken nun auch die übrige Wirtschaft üppig mit Geld versorgt. Als Kompromiss kommt nun ein zögerliches Allerlei heraus.

Offenbar hat es die Bundesregierung zum Prinzip erhoben, schon länger Geplantes neu zu verpacken und dann zum großen Wurf zu erklären. So war es beim Bildungsgipfel, so ist es nun auch bei einigen der "investitionsfördernden Maßnahmen". Man nehme nur die verbesserte steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen: Darüber ist schon lange nachgedacht worden. Nur: Niemand wird deshalb einen Handwerker bestellen - entweder, er wird benötigt oder eben nicht. Allenfalls geht dadurch die Schwarzarbeit ein wenig zurück. Auch der weitere Ausbau des CO{-2}-Gebäudesanierungsprogramms ist eine längst beschlossene Sache gewesen. Eine Wirkung auf die Konjunktur wird dadurch aber - wenn überhaupt - erst mit Verzögerung eintreten.

Besonders fragwürdig ist der geplante Wegfall der KFZ-Steuer für ein Jahr beim Kauf eines Neuwagens: Niemand kauft wegen etwas mehr als 100 Euro Ersparnis ein neues Auto. Die Bürger kämpfen schließlich immer noch mit hohen Energie- und Lebenshaltungskosten sowie mit seit Jahren sinkenden Realeinkommen.

Jene, für die Geld keine Rolle spielt, werden hingegen mit einem solchen Vorhaben indirekt noch gefördert. Was für ein Unsinn. Die Regierung kombiniert in ihrem Programm hohe Mitnahme-Effekte mit unsicheren Wirkungen. Zudem lässt sie die entscheidende Frage unbeantwortet: Was soll geschehen, wenn die Strohfeuer ihrer Maßnahmen verloschen sind? Statt nur auf Anreize für private Investoren zu setzen, sind Steuersenkungen für alle Bürger konjunkturpolitisch richtig. Wie wäre es also, mal wieder an der Mehrwertsteuer-Schraube zu drehen? Und zwar nach unten. Oder endlich etwas gegen die kalte Progression zu tun? Das würde die Kaufkraft auf breiter Front stärken - und wäre das sinnvollste Konjunkturprogramm. nachrichten.red@volksfreund.de

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