Seltsame Begleitumstände

Noch ist nichts endgültig bewiesen. Die Staatsanwaltschaft Hannover hat zwar Anklage gegen den früheren SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy erhoben, mehr aber noch nicht.

Das ist keine Garantie dafür, dass die Juristen tatsächlich stichhaltige Beweise in der Schublade haben, die ein Gericht am Ende auch überzeugen werden. Vor allem nicht diese Juristen. Denn der Blick zurück zeigt, dass bei den Staatsanwälten der niedersächsischen Landeshauptstadt besondere Vorsicht geboten ist.
Schon im Fall des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff hatten sie sich verrannt und offenbar von einer Falschmeldung einer Boulevard-Zeitung leiten lassen. Das Ergebnis ist bekannt: Die Staatsanwälte scheiterten desaströs mit ihren Vorwürfen der Vorteilsnahme. Freispruch für Wulff.
Nun sind die Tatvorwürfe nicht vergleichbar: Bei Edathy geht es um den Besitz von kinderpornografischen Aufnahmen. Wohl aber ähneln sich die seltsamen Begleitumstände der Ermittlungen. Wie bei Wulff sind auch bei dem SPD-Mann zahlreiche Details vorab an die Öffentlichkeit gelangt, und auf einer Pressekonferenz wurde beinahe die gesamte damalige Ermittlungsakte vorgetragen. Dazu gab es noch andere Vorkommnisse, etwa, dass Edathys Wohnung erst im Februar durchsucht wurde, obwohl die Vorermittlungen schon monatelang liefen. Wurde er zwischenzeitlich gewarnt? All diese Ungereimtheiten haben auch dazu beigetragen, dass der Bundestag inzwischen einen Untersuchungsausschuss zur Causa Edathy eingesetzt hat.
Dessen Arbeit tangiert die Anklagerhebung insofern, als dass es nun schwieriger werden wird, bei einer Befragung des ehemaligen Abgeordneten neue Erkenntnisse zu erlangen. Denn Edathy wird sich noch mehr zurückhalten müssen. Aber dem Ausschuss geht es ohnehin nicht darum, seine Schuld oder Unschuld festzustellen. Sondern die Merkwürdigkeiten bei diesem Fall aufzuklären - und die hat es auf vielen Ebenen gegeben.
nachrichten.red@volksfreund.de

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