Teurer Genosse

Geht es ums eigene Salär, können Polit-Promis schnell ins Zwielicht geraten. Zumal, wenn sie eine Partei repräsentieren, die sich lautstark der sozialen Gerechtigkeit verschrieben hat.


Schon der frühere Linken-Chef Klaus Ernst bekam das schmerzlich zu spüren. Als im Sommer 2010 ruchbar wurde, dass Ernst gleich dreifach kassierte - neben seinen Bundestag-Diäten auch noch ein paar Extra-Tausender von Partei und Fraktion - ging ein Raunen durch die Öffentlichkeit.
Am Ende war der Druck so groß, dass Ernst zumindest auf sein Fraktionsgehalt verzichtete. Nun hat es Sigmar Gabriel erwischt, den Obergenossen der Sozialdemokraten. Auch er darf sich über drei Gutschriften pro Monat auf seinem Gehaltskonto freuen. Unter dem Strich reicht Gabriel damit sogar an die Vergütung der Kanzlerin heran.
Nun ist unbestritten, dass Spitzenpolitiker locker auf eine 60- bis 70-Stunden Woche kommen können und ihre Verantwortung alles andere als gering ist. Dafür müssen sie auch gutes Geld verdienen. Die Bürger haben allerdings ein feines Gespür dafür, ob jemand den Bogen dabei überspannt.
In diesen Tagen und Wochen legt sich die SPD mächtig für den Mindestlohn ins Zeug, da mutet ein Gehalt von knapp 20 000 Euro für ihren Chef schon erstaunlich an.
Das um so mehr, als es auch beim CDU- und CSU-Personal Sitte ist, in herausgehobenen Mehrfach-Funktionen nicht alle Ämter vergütet zu bekommen.
Gabriel hat keinen Gesetzbruch begangen. Die Spielregeln zur Bezahlung ihrer Vorsitzenden legen die Parteien in Eigenregie fest. Der Ernst-Fall vor vier Jahren war für die Linke damals Anlass, transparente Vorschriften einzuführen.
Genau das sollte jetzt auch die SPD tun - schon im Interesse der öffentlichen Reputation ihres teuren Spitzengenossen.
nachrichten.red@volksfreund.de

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