Wende im Zickzackkurs

Weiß Trump eigentlich selbst, was er will?

Donald Trump, so viel lässt sich wohl herauslesen aus den Schilderungen seiner Berater, hat offenbar aus einem Bauchgefühl heraus gehandelt. Er hat die schrecklichen Bilder eines Giftgaseinsatzes gesehen und kurzerhand beschlossen, zu handeln. Vielleicht war auch eine Portion Eitelkeit mit im Spiel.

Womöglich wollte der Milliardär, der bestimmt nicht an mangelnder Selbstsicherheit leidet, Freund und Feind vor Augen führen, dass er von anderem Kaliber ist als sein Vorgänger im Oval Office. Während der in ähnlicher Lage zögerte und zauderte und schließlich einen Rückzieher machte, schreitet er entschlossen zur Tat. Barack Obama, der Schwächling, dessen nette Tour wenig brachte. Donald Trump, das Schwergewicht, das sich Respekt verschafft, weil es sich von anderen nicht auf der Nase herumtanzen lässt. So ungefähr.

Vielleicht ließ er sich auch von dem Kalkül leiten, dass ein Militärschlag mit Marschflugkörpern für eine Weile ablenken kann von den Pleiten und Pannen, die er beim Start hingelegt hat. Eine auf Eis gelegte Reform der Gesundheitsreform, die Blamage eines von Richtern zu Fall gebrachten Einreisedekrets, die Dauerkrise um eventuelle Verbindungen mancher seiner Wahlkampfberater zum Kreml: Es sah nicht gut aus für den Mann, der von sich behauptete, er allein könne Amerikas Probleme lösen. Mag sein, dass seine Beliebtheitswerte nun vorübergehend steigen.

Mag sein, dass er skeptische Senatoren der eigenen Partei, die mit dem Propagandisten des "America First" die Gefahr isolationistischer Irrwege auf Kosten der westlichen Allianz verbanden, nunmehr fester an sich bindet. Mag sein, dass er ein kleines Zwischenhoch feiert. Nur beantwortet das alles noch nicht die entscheidenden Fragen. Was kommt danach? Was folgt dem nächtlichen Angriff auf die syrische Luftwaffenbasis? Welche Strategie hat der Präsident der Vereinigten Staaten?

Etwas anderes als ein Zickzackkurs war bislang nicht zu erkennen. Noch vor Kurzem sprach Trumps Außenminister dem Autokraten Assad praktisch eine Überlebensgarantie aus, während Amerikas UN-Botschafterin erklärte, der Sturz des Diktators habe für Washington keine Priorität mehr. Das Regime in Damaskus könnte es als grünes Licht für einen ungestraften Giftgaseinsatz verstanden haben, wer weiß das schon so genau.

Jedenfalls vollzieht das Weiße Haus eine Kehrtwende, die so atemberaubend ist, dass Trump, der gern von seiner Vorliebe für Überraschungseffekte erzählt, allein schon daran Gefallen finden dürfte. Er hat den Rest der Welt einmal mehr verblüfft - was für ein Teufelskerl!

Nur: 59 Cruise Missiles ändern im syrischen Bürgerkrieg noch nicht viel. Falls Trumps Intervention nicht nur ein Kapitel Symbolpolitik war, falls er das Blatt in Syrien tatsächlich zu wenden gedenkt, wird es mit ein paar Luftschlägen nicht getan sein. Und falls es damit endet, dass sich die USA immer weiter hineinziehen lassen in einen Konflikt, aus dem Obama das Land nach gründlichem Abwägen heraushielt, dürften ihm seine Wähler über kurz oder lang aufs Dach steigen. Denen hatte er bekanntlich versprochen, die Supermacht nicht mehr die Rolle des Weltpolizisten spielen zu lassen. Was Donald Trump an langfristigen Zielen im Auge hat - im Moment weiß es wohl keiner. Vielleicht nicht mal er selbst.

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