Das Problem heißt Kapitalismus

Zu unserem Artikel "Neue Ordnung mit Leitplanken" (TV vom 30. September) schreibt dieser Leser:

Weitsichtige und unabhängige Menschen haben die Finanzkrise kommen sehen, denn ein System aus Gier muss sich selbst auffressen.

Dem System ist nicht etwa nur ein äußerer Unfall passiert, sondern der Kapitalismus selbst ist das Problem. Denn er ist aus Irrtümern aufgebaut wie Freiheit und Wohlstand; ebenso gaukelt er Demokratie vor.

Freiheit: Sie ist mit dem Wettbewerb verbunden, also Wettkampf, der gnadenlos ist und von der Schwäche des anderen profitiert. Er spaltet in Sieger und Verlierer.

Freiheit und Wohlstand hat also nur der Erfolgreiche. Kapitalismus erzeugt bei der Masse Armut. Es wird ständig erwähnt, viel Geld sei weg. Doch niemand fragt: Wo ist eigentlich das Geld hin? Wie der Erfolgreiche vom Verlust des Erfolglosen profitiert, so entsteht Geld nur, wenn andere es abgeben. Das Geld haben also jetzt andere.

Der Kapitalismus schaufelt ständig Geld in die Hände reichster "Investoren", die wie Blutsauger von der arbeitenden Bevölkerung leben. So hat das englische Königshaus tatsächlich jetzt mehr Geld verlangt von den Bürgern für seinen Lebensstil in Saus und Braus. Demokratie: existiert im Kapitalismus gar nicht, den man verklärend Marktwirtschaft nennt. Alle Handlungsfelder des Staates werden den Marktgesetzen unterworfen. Es herrscht das marktgesteuerte Kapital.

Doch was ist Markt? Die Nachfrage, das Begehren = die Gier. Der Trierer Volkswirtschafts-Professor Wolfgang Filc spricht in einem Interview von "Rating-Agenturen als Nutten der Finanzwelt".

Dazu hieß es schon vor sehr langer Zeit: Die Kaufleute der Erde trauern um sie (die Hure), weil jetzt keiner mehr ihre Waren kauft. Ach, dass eine einzige Stunde diesen großen Reichtum vernichtet hat! Die Politiker tun jetzt bestürzt, doch haben sie uns jahrzehntelang die Parolen der Markttheoretiker heruntergebetet.

Da wir alle mehrheitlich bisher diese Kapital-freundliche Politik wählen, muss das jetzige Kollektivproblem uns an diesen historischen Scheideweg leiten. Und diese Krisen werden in Zukunft noch eklatant zunehmen und in die Katastrophe führen, solange nicht genügend Leidensdruck uns zum Umdenken zwingt.

Frank Weiland, Trier

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