EUROPA

Zum Leserbrief "Anmaßend und unverschämt" (TV vom 18. März) und zur Griechenland-Krise:

Wie kommt Herr Bach dazu, derart ätzend über Griechenland und seine demokratisch legitimierten Vertreter herzufallen? Gerade wir Deutschen hätten Grund, die Causa Griechenland mit Zurückhaltung anzugehen. "Wir haben uns auch alles mühsam erkämpft", so Herr Bach. "Wir haben Deutschland wieder aufgebaut", lese ich immer wieder. Wie denn, womit denn, liebe Rentner? Ihr unterschlagt geflissentlich, dass wir dazu über zwei Billionen Euro Staatsschulden "erwirtschaftet" haben und obendrein den Nachkommen marode Brücken, Straßen, Schulen hinterlassen. Ja, wir waren fleißig; aber auch die Griechen mussten die Trümmerhaufen wegräumen, welche die fleißigen und gründlichen Deutschen einst hinterlassen hatten. Und dann wurden sie jahrzehntelang von Militärs und Oligarchen daran gehindert, ein geordnetes Staatswesen aufzubauen. Derweil hatte es die Bundesrepublik geschafft, auf der Londoner Schuldenkonferenz 1953 mit 22 Gläubigerländern (darunter Griechenland) bei über 30 Milliarden Mark Auslandsschulden einen Schuldenerlass von 15,5 Milliarden Mark, zuzüglich Zinsen sogar von rund 20 Milliarden zu erwirken (bei einem Bundeshaushalt 1952/53 von 23 Milliarden Mark). Verhandlungsführer war damals der Bankier Hermann-Josef Abs, ein als überzeugter Nazi wohlbekannter "Lausebengel", auch er ein ausgewiesener Fachmann wie Finanzminister Yanis Varoufakis. Mit Dumpinglöhnen verschafften sich später die Deutschen unfaire Wettbewerbsvorteile gegenüber den EU-Mitgliedsstaaten und erzielten damit Jahr für Jahr enorme Außenhandelsüberschüsse, denen andererseits, in Griechenland etwa, kreditfinanzierte Importüberschüsse entsprachen. Es sei erinnert, dass Griechenland noch zwei deutsche U-Boote abnehmen (und finanzieren) musste, als die Krise bereits offenkundig war. Wer hat denn nun profitiert von der Überschuldung der Südlander? Die deutsche Kreditwirtschaft, die deutschen Waffenschieber, die deutsche schwarze Null! Christoph Waffenborn, Neroth

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