Ein erheblicher strategischer und psychologischer Fehler

Zum Artikel "Wann beginnen die Ferien?" (TV vom 24. September):

Dass am letzten Schultag vor den Herbstferien entgegen aller bisherigen Gepflogenheiten der Unterricht in Rheinland-Pfalz nicht nach der vierten Stunde endet, wie seit Jahrzehnten üblich, ist kein kurioser Streit, sondern ein erheblicher strategischer und psychologischer Fehler der Entscheidungsträger. Es geht auch nicht um die "faulen" Lehrer, die wegen zwei Stunden mehr (am Gymnasium können es bis zu sechs Stunden sein) ein Geschrei erheben! Meine zwei Stunden mehr schaffe ich auch. Nein, es geht erstens darum, ob diese Maßnahme Sinn macht, und zweitens um die Modalitäten, wie sie unters "Volk" gebracht wurde.

Die Maßnahme macht deshalb keinen Sinn, weil die Art, wie sie bekanntgemacht wurde, gegen jede vernünftige Art der Terminplanung verstößt. Am 19. September, weniger als 14 Tage vor Beginn der Herbstferien, erreichte unsere Schule eine E-Mail der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), in der uns mitgeteilt wurde, dass am 2. Oktober der Unterricht nicht wie sonst nach der vierten Stunde endet. Ist es in einem Betrieb üblich, die Jahresurlaubsplanung erst zwei Wochen vor dem Urlaubstermin zu machen?

Geht das in einem Betrieb wie dem Schulwesen mit über Tausenden von Beschäftigten plus Zehntausenden von betroffenen Schülern und Eltern überhaupt?

Als Beamte muss ich natürlich den Anweisungen des Ministeriums folgen, aber sinnvoll ist diese Maßnahme nicht. Das hat nichts mit der Faulheit von Lehrern zu tun, wie die üblichen Pressemitteilungen nahelegen, sondern mit der Art, wie mit uns umgegangen wird. Die ist demütigend und nicht wertschätzend. So sollten Menschen, die eine verantwortungsvolle Arbeit leisten, nicht behandelt werden. Es ist ja so einfach zu sagen, die Lehrer seien schuld an der Bildungsmisere!

Wenn die Gesellschaft weiter so auf ihre Lehrer einschlägt, wird sie bald keinen engagierten und guten Lehrer mehr finden, der diesen stressigen Job übernehmen will.

Dagmar Leppin-Becker, Lehrerin für Deutsch und Englisch am St.-Willibrord-Gymnasium, Bitburg, auch im Namen vieler Kolleginnen und Kollegen

bildung

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