Hysterische Parallelgesellschaft

Auto

Zur Berichterstattung über den Diesel-Skandal:
Fakten statt Emotionen? Realität versus ideologisch geprägte Belehrungen? In den vergangenen 15 Jahren sind in Deutschland die Stickoxide von circa drei Millionen Tonnen pro Jahr auf 1,5 Millionen Tonnen gesunken. Der überwiegende Anteil, etwa 60 Prozent, stammt aus dem Straßenverkehr, und hierbei wiederum fast alle vom Diesel. Ohne die Automobilkonzerne reinzuwaschen: Keine deutsche Stadt überschreitet laut Umweltbundesamt den EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter, erst recht nicht den von 50 der Weltgesundheitsorganisation WHO. An circa 300 innerstädtischen verkehrsnahen Messpunkten wird dieser Wert jedoch laut Umweltbundesamt 2016 überschritten, wobei 50 Meter entfernt schon wieder Normalität sein kann. Das bedeutet: Die Grenzwerte für Stickoxide werden, wenn überhaupt, auf maximal 0,00078 Prozent der bundesdeutschen Fläche überschritten.
Die amerikanische Umweltbehörde EPA veröffentlichte 2016 (vor Trump) ihre langjährigen Ergebnisse, wonach es keinerlei Beweis dafür gibt, dass Stickoxide in den Konzentrationen, wie wir sie auf unseren Straßen messen, zu mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen, die Fruchtbarkeit vermindern, Entwicklungsstörungen bei Babys und Kleinkindern hervorrufen oder gar Krebs erzeugen. Und vor allem fehlt eine valide Bestätigung für die These, Stickoxide aus den Auspuffen unserer Autos erhöhten die Sterblichkeit. Was es gibt, sind jenseits der Realität nicht nachvollziehbare Hochrechnungen und Prognosen und Vermutungen.
Und nun ein Kuriosum der Grenzwerte: Unter freiem Himmel sind laut EU höchstens 40 Mikrogramm Stickoxid pro Raummeter Luft im Jahresmittel erlaubt, am Arbeitsplatz jedoch bis zu 950, also 24-mal mehr. Für die Werte am Arbeitsplatz wurde an Ratten getestet, ab einer 8500-fachen Überdosierung zeigten sich Reizungen der Atemwege. Auf den Straßenverkehr bezogen handelt es sich um epidemiologische Grenzwerte, ohne Korrelationen und ohne Beweiskraft, beim Arbeitsrecht hingegen um Toxikologie und kausale Zusammenhänge. Demnächst müsste vonseiten der Diesel-Gegner logischerweise ein Verbot kommen, am Arbeitsplatz die Fenster zu öffnen.
15 Millionen Diesel-Besitzer und deren Fahrzeuge werden nun umweltpolitisch massakriert. Laut ADAC sind die bundesdeutschen Diesel-Fahrzeuge im Durchschnitt nur etwa ein Viertel so schmutzig wie die ausländische Konkurrenz. Das bedeutet, die 6,45 Millionen ausländischen Fahrzeuge verursachen die dreifache Menge an Stickoxiden wie die 8,55 Millionen bundesdeutschen. Ein Renault Scenic bläst laut Untersuchung die 240-fache Menge aus wie ein BMW 520D.
Nach Trump und Germany First wäre das Problem einfach zu lösen: Verbot aller ausländischen Diesel, die Luft ist fast rein. Geht nicht: Vergangenheitsbewältigung und die deutsche Leidenskultur, die demutsvoll gepflegt werden will. Das Abschaffen aller deutschen PKW führt lediglich zu einem 30-prozentigen Rückgang. Warum aber dann die Forderungen von Politik, Mainstream und vielen anderen, den Diesel zu verbannen und mit innerstädtischen Fahrverboten zu belegen? Sau durchs Dorf oder Wahlkampf?
In nicht allzu ferner Zukunft finden sich die Stickoxide in trauter Gemeinschaft mit Saurem Regen, Waldsterben, Rinderwahnsinn, Schweinepest, Schweinegrippe, Hühnergrippe, Neuer Eiszeit in den achtziger und neunziger Jahren, Sars, Ozonloch - ausgelutscht und als ausgediente Ablage einer hysterischen Parallelgesellschaft.
Edwin Klein
Saarburg

Im deutschen Bundestag sind 631 Abgeordnete, rund 780 Lobbyisten haben per Hausausweis freien, unkontrollierten Eintritt zu den Parlamentariern. Ist es da verwunderlich, dass, wie aktuell beim Diesel-Skandal, unsere Politiker als Erstes die Interessen der Wirtschaft vertreten?
Die Autobosse haben wissentlich Abgas-Werte manipuliert. Das ist kriminell. Der Schaden, nicht nur für Besitzer von Diesel-Autos, für die Umwelt, sondern auch für die Demokratie ist enorm. Darüber wurde viel berichtet. Ich möchte den Blick auf andere, nicht weniger wichtige Punkte lenken, zum Beispiel ÖPNV.
Über zig Wahlperioden haben die Grünen und nachfolgend auch die rhetorisch hinterherlaufende Politikerkaste anderer Parteien den Ausbau des ÖPNV gepredigt. Was herausgekommen ist, sieht man an den Staus auf Autobahnen und Innenstädten. Dabei gibt es schon seit 2002 eine von der Universität Bochum entwickelte, serienreife Alternative, das CargoCap.
Statt diese "deutsche" Technologie konsequent zu verfolgen und umzusetzen, denkt man nur in Kleinklein und überlässt den Fortschritt wie beim Transrapid und anderen Technologien sehr wahrscheinlich wieder den Chinesen.
Stattdessen trommeln die Grünen für den ÖPNV - auch auf dem Land. Das ist typisches Dahergeplapper, um das eigene Wahlvolk zu befriedigen. Damit ÖPNV von der breiten Masse angenommen wird, braucht es bessere Angebote als unbequeme Busse. Außerdem kann ÖPNV nur in Städten und Ballungsgebieten funktionieren.
An einem Beispiel möchte ich ein Konzept zur Diskussion stellen. So dürften nur Autos mit Sonderausweis, Lieferanten, E-Taxis, Krankenwagen und Anwohner in die Innenstadt. Alle anderen parken gegen geringe Gebühr auf überdachten, bewachten Park&Ride-Plätzen vor der Stadt. Der Transfer in die Stadt in bequemen, klimatisierten Bussen (für Touristen könnten als Attraktion auch Pferdedroschken bereitstehen) ist kostenlos. Wichtig: Ein vom Einzelhandel organisierter Zustelldienst (Kundenservice, Kundenbindung) bringt wegen der Schlepperei den Einkauf gegen Minigebühr innerhalb 30 Minuten an den betreffenden P+R. Dort wird er in Boxen gelagert und kann mit einem Code geöffnet und abgeholt werden. So könnte moderner ÖPNV aussehen. Die Bilanz: weniger Kranke = weniger kranke Menschen, Straßen und Umweltschäden (die sonst von der Allgemeinheit getragen werden) gleich weniger Kosten. Also eine Win-win-Situation.
Das aber wäre ein kleiner Schritt von vielen. Stichwort Hochseeschifffahrt: Rund 90 000 Schiffe fahren auf den Weltmeeren. Allein die 15 größten Schiffe (Treibstoff Schweröl) stoßen laut Naturschutzbund pro Jahr so viel Schwefeloxid aus wie 750 Millionen Autos. Schadstoffe, die wir täglich einatmen, weil sie nicht vor Ländergrenzen haltmachen.
Bevor man jetzt den Diesel-Fahrer schröpft, sollte man erst mal die großen Probleme anpacken. Aber die 780 Lobbyisten bestimmen, wo es langgeht. Bürger, du hast es in der Hand, dies zu ändern!
Hans-Joachim Selzer
Bernkastel-Kues

Zum Kommentar "Das nächste Level in der Diesel-Affäre" (TV vom 24. August):
Werner Kolhoff hat mit seiner Meinung recht. Das "Spiel" im Dieselbetrug kann und darf noch nicht zu Ende sein! Was ist dies eigentlich für ein geltendes Recht in unserem Land? Jeder Normalbürger - auch die Nicht-Dieselbesitzer - ohne juristische Ausbildung hat doch das Empfinden, dass hier banden- und gewerbsmäßiger Betrug vorliegen könnte, bei dem ein Gesamtschaden von einigen Milliarden Euro über Jahre hinweg erzeugt worden ist!
Keinem dieser Normalbürger wird es einleuchtend erscheinen, wenn dann letztlich - wenn überhaupt - der Händler vor Ort dafür haften soll. Der Händler ist doch der eigentliche Erstbetrogene in dieser Kette der "Dummen". Selbst wenn die Gesetzeslage und die Rechtsprechung dies so hergeben sollten, ist eben etwas an der Gesetzgebung oder deren Auslegung fehler- oder mangelhaft und bedarf ganz dringend der Korrektur.
Einziges Fazit aus diesem Straftatensumpf: Festnahme aller Hauptverdächtigen und Anordnung von Untersuchungshaft auch wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr. Es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass am Schluss des ganzen Fiaskos letztlich noch den Arbeitern am Fließband die Schuld gegeben wird. Würden die Hauptverantwortlichen hinter Schloss und Riegel gebracht - wie es ganz sicherlich beim Normalbürger für weitaus geringeres Fehlverhalten längst geschehen wäre -, würden eben diese guten Arbeiter kein einziges Auto weniger bauen und das verlorene Vertrauen würde wieder langsam hergestellt. Kein vernünftiger Mensch glaubt, dass die "da oben" in den Konzernen nichts gewusst haben. Es entspräche auch in keiner Weise der allgemeinen Lebenserfahrung. Wenn dem aber trotzdem so wäre, hätten die Bosse die unanständigen Gehälter umsonst bekommen.
Übrigens: Das Ganze eignet sich nicht für den Wahlkampf. Keine der agierenden Parteien hat sich in der Vergangenheit und der Gegenwart in dieser Sache sonderlich mit Ruhm bekleckert. Weil schon so viel Zeit nutzlos verstrichen ist, gehe ich mal davon aus, dass alles, was zu vertuschen war, bereits geschehen ist. Ein einziges, großes Staatsversagen!
Felix Assmann
Morbach

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