Im Zweifel für den Angeklagten

Zum Artikel "Ich habe aber nichts gestohlen" (TV vom 30. April) erhielten wir diese Zuschrift:

In dem Artikel geht es um ein Stromkabel im Wert von 240 Euro, das beim Bau eines Windparks verschwand. Nach einem Familienkrach zeigt ein Verwandter den anderen als Dieb des Stromkabels an. Die Staatsanwaltschaft erlässt gegen den Beschuldigten einen Strafbefehl über 450 Euro. Hat sie den Vorwurf überprüft? Der Beschuldigte bestreitet den Diebstahl, und es beginnt ein Gerichtsverfahren über vier Instanzen. Während dieser Verfahren legt der Angeklagte eine Quittung über den Kauf des Stromkabels vor. Warum wurde das Verfahren nicht nach Vorlage der Quittung beendet? Im Vergleich zum Mannesmann-Verfahren mit den Angeklagten Ackermann, Esser und Zwickel und einem Streitwert von hunderten Millionen Euro, das schon nach zwei Instanzen eingestellt wurde, erscheint mir die Einstellung dieses Verfahrens mit einem Streitwert von 240 Euro erst in der vierten Instanz als unverhältnismäßig. Warum hat die Justiz den Angeklagten so hartnäckig verfolgt und sich nicht an den Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" gehalten? Statt 450 Euro für den Strafbefehl musste der Angeklagte 1200 Euro für die Kosten des Rechtsstreits aufbringen. Er hat dies wohl getan, damit ihn niemand einen Dieb nennen kann. Mögen die einen diese Handlungsweise als Geldverschwendung belächeln, so ist für andere die Ehre ein unbezahlbares Gut, für das es sich zu kämpfen lohnt. Christian Freiberg, Igel JUSTIZ

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