Notfalls mit Feuer und Schwert

Zum Artikel "Armut trifft immer mehr Kinder" (TV vom 24. April):

Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob die Zahl der Kinder, die von Sozialgeld leben, tatsächlich um X oder Y Prozent gestiegen oder der - vermeintliche - Anstieg einer veränderten Zählweise in der Statistik geschuldet ist. Es ist nicht zu beschönigen: Allein 75 000 Kinder in Rheinland-Pfalz außerhalb der Wohlstandsgesellschaft - das ist ein Horror. Dies zu erkennen oder mit Joachim Winkler nach besserer Betreuung und erhöhten Bildungschancen zu rufen, ist ein wenig dünn. Die Fragen "Woher kommt's?" und "Was kann man tun?" gilt es zu beantworten. Tatsache ist, dass die Arbeit dorthin abgewandert ist, wo zu den geringsten Kosten produziert wird - zumindest dann, wenn die Qualität wegen der Einfachheit des Produkts keine Anforderung an die Fachkenntnisse des Arbeiters stellt. In dieser Hinsicht auf Besserung für die nicht oder wenig Qualifizierten in Deutschland zu hoffen, die die Masse der Langzeitarbeitslosen stellen, ist weltfremd. Ich sehe auch keine Möglichkeit, diese Leute nachträglich so zu qualifizieren, dass sich ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessern. Hier kann man nur einen scharfen Schnitt vollziehen und sich den Kindern aus diesem Milieu zuwenden.Dabei muss nicht stets nach dem Staat, der Gesellschaft oder sonst einem Anonymus gerufen werden. Jeder von uns sieht, wo es hapert und wo man eingreifen kann. Am Geld, so sagen die Experten, liegt es nicht. Und wenn Kinder ohne Frühstück in die Schule kommen, so mag jener Lehrer Recht haben, der meinte, in vielen Familien der bildungsfernen Schichten seien die Kinder die Einzigen, die morgens noch aufstehen. Ohne Zutun der Eltern geht es nicht. In vergangenen Zeiten hatten die Eltern das heilige Ziel, ihren Kindern möge es dereinst besser gehen als ihnen. Und sehr viele haben dieses Ziel erreicht.Zur Rolle der Medien in diesem Kontext wünsche ich mir weniger Journalisten, die den Armen bestätigen, wie arm sie sind und wie jämmerlich ihre Zukunftsaussichten. Dafür wären mehr Berichte über jene Eltern angebracht, die trotz eigener mieser Lage alles daran setzen, ihren Kindern notfalls "mit Feuer und Schwert" über die Hürde des Bildungsabschlusses zu helfen. Hat jemand einen besseren Vorschlag? Ich bin gespannt.Wolf-Rüdiger Wulf, Trier gesellschaft

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