Rostende Tafel

Zum Leserbrief "Nicht mehrheitsfähig" (TV vom 4. September) erhielten wir diese Zuschrift:

Herr Wollscheid kritisiert in seinem Beitrag die Art und Form ("Panzersperre") des Holocaust-Mahnmals in Berlin, aber nicht dessen Sinn. Ich hatte anfangs auch Schwierigkeiten mit dem abstrakten Stelenfeld, das sich jeder Deutung entzieht. Aber ist das nicht eigentlich sehr passend zur Erinnerung an ein Menschheitsverbrechen, das in der "Moderne", von einer damals noch christlich geprägten Gesellschaft mit hoch entwickelter Zivilisation begangen wurde? Gibt es bei allen Erklärungsversuchen der Ursachen (völkischer Antisemitismus, christlicher Antijudaismus, Führerkult, Obrigkeitsdenken, Gefälligkeitsdiktatur und so weiter) nicht immer noch mehr Fragen als Antworten? Wer in Berlin die Stufen zum "Ort der Information" unter dem Stelenfeld herabsteigt, findet übrigens eine äußerst beeindruckende Ausstellung über den Holocaust. Als bleibende Denkmale in Trier fallen mir zuerst die Stele am ehemaligen Ort der Synagoge (Zuckerberg) ein sowie eine rostende Tafel mit veralteten Opferangaben dort, wo die jüdischen Frauen und Kinder zur Deportation zusammenkommen mussten (Ecke Sichelstraße/Rindertanzstraße). Die Botschaft dieser Tafel ist konkret, aber anonym. Anders verhält es sich mit den über 70 "Stolpersteinen", die den Opfern ihren Namen am Ort ihrer letzten Wohnstätte wiedergeben. Es sind dezentrale Mahnmale gegen das Vergessen, und sie tun unserem Stadtbild gut.Thomas Zuche, Trier mahnmal

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