Sensation im Sandalenmuseum

Es hat mich sehr verwundert, dass der Volksfreund in den letzten Wochen ungeprüft die Berichterstattung über einen angeblichen Konstantin-Fuß übernommen hat. Zumindest hätte angemerkt werden müssen, dass man sich hier auf wissenschaftlich ungesichertem Boden bewegt.

Bei allem Verständnis für die Konstantin-Werbekampagne der Trierer Museen hätte man sich mehr intellektuelle Redlichkeit gewünscht. Wie man mit gutem Beispiel vorangeht, zeigt wieder einmal das Kulturzentrum Tuchfabrik. Einer von der Tufa eingesetzten Forschungsgruppe unter der Leitung des Trierer Oralhistorikers Karl E. Rath ist es gelungen, den Originalfuß der konstantinischen Monumentalfigur ausfindig zu machen. Mit einer Länge von 3,59 Metern und einer Höhe von 1,53 Metern ist er wahrhaft gigantisch. Im Unterschied zu den Betonabgüssen ist der kaiserliche Marmorfuß mit Sandalen bekleidet, was dem Bild des großen christlichen Kaisers näher kommt als die Vorstellung von Konstantin als einem Nacktfüßler. Der in den Magazinen des römischen Sandalenmuseums aufgefundene Fuß wurde mit den modernsten Mitteln untersucht. Erstmals kam die neu entwickelte Methode der Marmarochronologie zum Einsatz. Hierbei wird dem Marmor ein Bohrkern entnommen und mit Ultraschall bestrahlt. Die durch Computerberechnung ermittelten Werte der Verteilungs-Konturliniendiagramme erlauben eine genaue zeitliche Bestimmung der Bearbeitung des Steins, das heißt also: Es kann auf das Jahr genau festgestellt werden, wann der Steinblock von den Steinmetzen bearbeitet wurde. Nach Auskunft von Projektleiter Karl E. Rath befindet sich das Original noch in Rom in einer Restaurierungswerkstatt. Eine anatomische Besonderheit macht es nötig, den Transport nach Trier sorgfältigst vorzubereiten. Dankenswerterweise hat sich ein bekanntes, innovatives Trierer Schuhhaus bereit erklärt, die Kosten für Transport und Versicherung zu übernehmen. Der Fuß wird am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, feierlich auf dem Tufa-Vorplatz enthüllt. Er weist dann unübersehbar auf das für 2007 geplante Ausstellungsprojekt "Konstantin - Kunst und Provokation" hin. Helmut Schwickerath, Projektleiter, Trier Anm. d. Red.: Helmut Schwickerath ist Veteran der Trierer Alternativ-Szene, Ex-Vorsitzender des Kulturzentrums Tuchfabrik und langjähriger Chefredakteur des Stadtmagazins "Katz".

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