Der Teufel steckt im Detail

Für berufstätige Eltern und Alleinerziehende ist es ein kleiner Lichtblick. Familienministerin Manuela Schwesig will gezielt Kindertagesstätten fördern, die rund um die Uhr öffnen, und nimmt dafür 100 Millionen Euro in die Hand.

Erleichterung verspricht dieses Angebot vor allem eben den nicht so gut Verdienenden, die beispielsweise in Krankenhäusern oder in der Pflege Schicht arbeiten und so auch zu bisher unüblichen Zeiten ihre Kinder sicher betreut wüssten. In Schwerin gibt es bereits zwei Einrichtungen dieser Art, und die Nachfrage ist groß. Bis 2018 sollen bundesweit 300 Kitas im 24-Stunden-Modus laufen.

CDU und SPD sind sich über die Flexibilisierung der Betreuungszeiten einig. Das haben sie bereits im Koalitionsvertrag festgehalten. Angesichts unterschiedlicher Familienmodelle ist das durchaus bemerkenswert. Und das Ziel ist ja auch goldrichtig. Heute heißt die Alternative für Frauen mit Kind(ern) meist Teilzeit oder Schluss mit der Arbeit. Das aber können sich viele gar nicht leisten, wollen sie nicht in Hartz IV landen. Und Familienverbünde, in denen sich Oma und Opa um die Kinder kümmern, wenn Eltern berufstätig sind, gehören weitestgehend der Vergangenheit an. Da brauchen Eltern keine ideologische Debatte, sondern praktische Lösungen.

Aber der Teufel steckt im Detail. Es ist gerade mal ein Jahr her, dass die Bertelsmann-Stiftung mit einer Studie Schlagzeilen machte, wonach allein im Regelbetrieb 120 000 Erzieherinnen fehlten. Die Experten errechneten damals einen Mehrbedarf von fünf Milliarden Euro jährlich. Nun ist es Studien eigen, immer auf den Idealzustand abzuheben. Daraus werden Maximalforderungen an Politik und Gesellschaft abgeleitet. Dennoch ist die Richtung klar. Wenn bereits heute Personal in der Kinderbetreuung knapp ist, wo soll man es denn dann für ein noch weiterreichendes Angebot hernehmen?

Bereits 2012, als die Drogeriekette Schlecker pleite ging, kamen Vorschläge aus der Politik, die rund 25 000 ehemals Beschäftigten zu Erzieherinnen oder Altenpflegerinnen umzuschulen. Die Nachfrage war so gering, dass die Pläne ins Leere liefen. Mit Kreativität, Phantasie und viel organisatorischem Geschick lassen sich sicher wie in Schwerin auch an einigen anderen Standorten flexiblere Öffnungszeiten gestalten. Entscheidend aber wird sein, einen neuen Blick auf das Berufsbild der Erzieherin zu werfen. Ihr vertrauen wir mit unseren Kindern das Wichtigste an, was die Gesellschaft hat.

Genau dieses Thema treibt die Betreuerinnen ja auch bei den aktuellen Tarifauseinandersetzungen um. Gesteigerte Wertschätzung drückt sich natürlich in daran angemessener Dotierung aus. Aber auch in größerem Respekt vor der beruflichen Leistung. Der kostet nichts zusätzlich, denn er ist unbezahlbar, steigert aber die Attraktivität eines Arbeitsplatzes ungemein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort