An Europa arbeiten sie noch

BITBURG. Die Zahlen stimmen schon, aber so richtig europäisch muss es erst noch werden - eine Zwischenbilanz nach einem Jahr Europäisches Berufsbildungswerk (Euro-BBW) in Bitburg.

 Konzept auf wackeligen Beinen: In Sachen Europa muss das architektonisch hochwertige Euro-BBW nacharbeiten.Foto: Anne Unfried/EuroBBW

Konzept auf wackeligen Beinen: In Sachen Europa muss das architektonisch hochwertige Euro-BBW nacharbeiten.Foto: Anne Unfried/EuroBBW

Mit 18 Auszubildenden ist das Europäische Berufsbildungswerk (Euro-BBW) im August 2000 - damals noch in angemieteten Räumen - gestartet. Vor einem Jahr haben Mitarbeiter und Teilnehmer den markanten Gebäudekomplex der Architektengruppe Behnisch und Partner an der Mötscher Straße bezogen. Inzwischen sind Gebäude und Landschaftsgestaltung weitgehend fertig, und auch die Räume füllen sich allmählich. Die Einrichtung des Deutschen Roten Kreuzes will junge Menschen mit Behinderungen für Europa qualifizieren - so jedenfalls lautet der Anspruch, der in großen Lettern auf einer Broschüre prangt. Junge Menschen mit körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen können sich zu Fachinformatikern, Gärtnern, Hauswirtschaftern, Informationskaufleuten, Kaufleuten für Bürokommunikation, Köchen, Mediengestaltern, Reiseverkehrskaufleuten oder Tischlern ausbilden lassen. Zahl der Teilnehmer liegt über dem Soll

"Nach einem Jahr können wir ein positives Zwischenfazit ziehen", sagt Günther Weydt, Leiter des Euro-BBW. "Mit derzeit 185 bis 190 Teilnehmern ist die Belegung besser, als wir es für die Aufbauphase, in der wir uns noch befinden, erwartet haben." Dennoch sind noch nicht alle Plätze belegt. "Die volle Kapazität unseres Hauses von 250 Teilnehmern wird voraussichtlich im Sommer mit dem neuen Ausbildungsjahrgang erreicht", ist Weydt zuversichtlich. Bis dahin wird auch die erste Gruppe der Auszubildenden ihre Prüfungen abgeschlossen haben und erste Erfahrungen auf dem freien Arbeitsmarkt sammeln. "Der Arbeitsmarkt steht derzeit generell unter keinem besonders guten Stern", gibt sich Weydt keinen Illusionen hin. Aber einige Betriebe hätten schon Interesse an den Absolventen bekundet. Deshalb schätzt er deren Chancen nicht allzu schlecht ein. Bleibt der Anspruch Europa. "Unser Einzugsgebiet wird sich auf die Großregion um Frankreich, Belgien, Luxemburg und die Niederlande konzentrieren", schränkt Weydt ein. Doch auch dem eingeschränkten europäischen Anspruch wird das Bildungswerk noch nicht gerecht. Von den 15 Auszubildenden, die im Sommer ihren Abschluss machen werden, kommt gerade einmal eine Teilnehmerin aus Frankreich - und ist zweisprachig aufgewachsen. Die übrigen Auszubildenden kommen aus Deutschland. Auch der Anteil der europäischen Ausländer an allen derzeitigen Teilnehmern des Berufsbildungswerkes ist mit sechs Prozent (zwölf Belgier und Luxemburger von insgesamt 185 bis 190 jungen Menschen) noch sehr gering. Als Grund sieht Weydt vor allem die unterschiedlichen Ausbildungssysteme der Länder. "Für die benachbarten Ausländer ist das duale Ausbildungssystem sehr aufwendig und teuer", sagt Weydt. Weder in Belgien noch in Luxemburg dauert eine Lehre drei Jahre. In Deutschland ist diese Ausbildungsdauer dagegen vorgeschrieben. Auch die Übernahme der Kosten sei dort nicht eindeutig geregelt. "In Deutschland übernimmt die Arbeitsverwaltung die etwa 2500 Euro pro Monat, während sich in Luxemburg Erziehungs- und Familienministerium die Kosten teilen", erläutert der Leiter des Bildungswerkes. Kürzere Ausbildung für die Nachbarn

Um den Ansprüchen des benachbarten Auslandes besser gerecht zu werden, soll es in Zukunft auch möglich sein, für diese Teilnehmer die Ausbildungszeit mit einem abgestuften Abschluss zum Beispiel als Fachwerkerhelfer zu verkürzen. Und auch die Kooperation mit Frankreich soll verstärkt werden. Ausgangspunkt wird eine Partnerschaft mit einer Berufsbildenden Schule in Dijon sein. Langfristig ist geplant, dass Auszubildende des Euro-BBW dann auch einzelne Ausbildungsabschnitte im Ausland absolvieren können. Das ist derzeit noch nicht der Fall. Bisher ist zwar die Teilnahme an französischem und englischem Sprachunterricht Pflicht, aber ansonsten ist im Alltag der Auszubildenden von Europa noch nicht allzu viel zu merken.

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