An der Bürokratie gescheitert: "Das ist hochgradig frustrierend" - Syrische Flüchtlingsfamilie kann nicht zusammengeführt werden

Bitburg · Im Sommer 2015 ist der damals 16-jährige Ibrahim Shobak von Syrien nach Deutschland geflüchtet. Seitdem lebt er in einer Bitburger Einrichtung für jugendliche Flüchtlinge und hofft, dass seine Mutter und seine Schwester nachkommen. Vor wenigen Tagen sollte es endlich soweit sein: Alles war vorbereitet, sämtliche Formalitäten erledigt, das Geld für den Flug zusammen und die Familie überglücklich. Doch jetzt sind alle fassungslos.

 Das Handy ist seit eineinhalb Jahren Ibrahim Shobaks einzige Verbindung zu seiner Familie. TV-Foto: Uwe Hentschel

Das Handy ist seit eineinhalb Jahren Ibrahim Shobaks einzige Verbindung zu seiner Familie. TV-Foto: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Bitburg. Die meisten Jungs in seinem Alter können diesen Tag kaum erwarten; für Ibrahim Shobak kam er zu früh: Vor genau einer Woche ist er 18 geworden. Es hätte ein sehr schöner Geburtstag werden können. Denn vor einer Woche hatte Ibrahim Shobak, der mit 16 Jahren ohne Familie als Flüchtling nach Deutschland kam, noch die Hoffnung, seine Mutter und seine neunjährige Schwester in wenigen Tagen endlich wieder in die Arme zu nehmen.

Eigentlich sollten die beiden schon längst in Deutschland sein. Zwei Tage vor Ibrahims Geburtstag hatte die Mutter alle nötigen Dokumente für die Visa zusammen. Freitagmorgens ging sie zum wiederholten Mal in die deutsche Botschaft nach Beirut, in der Hoffnung, nun endlich die Visa zu bekommen. Dort wurde ihr dann mitgeteilt, dass freitags keine Visa ausgestellt würden. Sie solle am Montagmorgen wiederkommen. Das tat sie dann auch - nur um zu erfahren, dass sie nun keine Visa mehr bekäme: Da ihr Sohn vor zwei Tagen 18 geworden sei, sei der Anspruch auf Familiennachzug erloschen.
"Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit es klappt - und dann so was", sagt Thomas Kallwitz. Er ist einer der Leiter der gemeinnützigen Einrichtung Karree Eifel, die in Bitburg jugendliche Flüchtlinge betreut, die ohne Familie nach Deutschland gekommen sind. Ibrahim Shobak ist am Boden zerstört, kann es einfach nicht verstehen.

Unmittelbar nachdem der junge Syrier als Asylsuchender offiziell anerkannt worden sei, habe man den Antrag auf Familienzusammenführung eingereicht, erklärt Kallwitz. Am 20. Dezember habe die Botschaft in Beirut der Mutter einen Termin für den 22. Dezember gegeben. "Für Mutter und Tochter war es unmöglich, so kurzfristig von Aleppo nach Beirut zu kommen", sagt Kallwitz.
Doch die Betreuer in Bitburg haben nicht lockergelassen, haben über die Büros des Bundesaußenministers und der Trierer Bundestagsabgeordneten Katarina Barley schließlich Kontakt zum Auswärtigen Amt aufgenommen. Von dort wurde der Mutter ein neuer Termin angeboten: der 27. Dezember. Bis zum 18. Geburtstag von Ibrahim waren es nur noch elf Tage, doch die noch fehlenden Dokumente konnten in dieser Zeit alle nachgereicht werden.

Dass die Botschaft die Mutter und die Tochter dann derart hat auflaufen lassen, können die Unterstützer nicht fassen. "Das ist hochgradig frustrierend", meint Irmgard Mminele von der Koordinierungsstelle für Flüchtlingsarbeit im Eifelkreis. Das Schicksal der Familie Shobak sei leider kein Einzelfall, fügt sie hinzu. "Die Familien verkaufen alles, um überhaupt die Flüge finanzieren zu können", sagt sie. "Wenn ich weiß, dass jemand am nächsten Tag 18 wird und alle notwendigen Dokumente vorliegen, dann ist es doch nur fair, die Genehmigung schon freitags auszuhändigen."

Ibrahim Shobak hat geweint, als er am Montag nach der Schule erfahren hat, dass seine Familie nicht nachkommen darf. "Dabei war ich so glücklich, dass man mir ein so großes Geschenk zum Geburtstag macht", sagt er mit Tränen in den Augen. Auch Kallwitz war bis Montag noch zuversichtlich. Für die Jugendeinrichtung in Bitburg wäre es die erste Familienzusammenführung gewesen. Kallwitz und seine Kollegen wollen wie Mminele weiter dafür kämpfen, dass die Familie nachkommen darf. "Es sollte ein verspätetes Weihnachtsmärchen werden", sagt Kallwitz. "Und ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es das noch wird."

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