Aus Protest wird Partnerschaft

GÖNNERSDORF/LISSENDORF. Der anfängliche Streit um die Fauna-Flora-Habitate (FFH) an der Oberen Kyll (der TV berichtete) ist inzwischen einer fruchtbaren Zusammenarbeit gewichen.

Vor drei Jahren regte sich Protest im Oberen Kylltal: Das Landesministerium für Umwelt und Forsten meldete damals die FFH-Gebiete zur Erhaltung natürlicher Lebensräume, wild lebender Tiere und Pflanzen reichlich spät nach Brüssel.Die Bauern liefen deshalb Sturm: Sie sahen sich übergangen und in der künftigen Landbewirtschaftung geknebelt, fürchteten Nutzungseinschränkungen und sinkende Verkehrs- und Pachtpreise."Mit der Zeit war das Vertrauen da"

Die Angst war unbegründet, "und mit der Zeit war auch das Vertrauen da", berichtet Anne-Ruth Windscheif vom ehemaligen Kulturamt Prüm, das heute unter "Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Eifel" (DLR) firmiert. Die Ökologin und ihre Kollegen betreuen zugleich in Gönnersdorf und Lissendorf die Bodenordnung zur Neusortierung der eng verflochtenen Nutzflächen. Dabei geht es um etwa 107 Hektar, das darin gelegene FFH-Gebiet umfasst rund 67 Hektar.Zudem laufen dort die "Aktion Blau" am Gönnersdorfer Bach und an der Kyll sowie das so genannte Life-Projekt der Europäischen Union. Es dient der Wiederherstellung von Trockenrasen und wird betreut von der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz.Alles in allem also ein Riesenvorhaben mit vielen möglichen Streitpunkten. "So etwas funktioniert nur, wenn alle etwas davon haben", sagt Josef Vietoris, Gönnersdorfer Orts- und Verbandsgemeinderatsmitglied und von Beruf Landwirt. Vietoris ist Vorsitzender der "Teilnehmergemeinschaft Lissendorf-Gönnersdorf" für die Umsetzung des FFH-Vorhabens. Die Gemeinschaft vertritt alle Beteiligten im Verfahrensgebiet. Durch die "bunt gemischte Zusammensetzung des Vorstands" aus Landwirten, Gemeinderatsmitgliedern, Touristikern und Naturschützern "konnten alle Interessen einvernehmlich vertreten und geplant werden", sagt Anne-Ruth Windscheif. "Ich bin froh, dass wir diese Richtung reinbekommen haben", bestätigt Vietoris und beschreibt das Ergebnis: "Die Bauern haben eine bessere Wege-Erschließung. Es ist gut für den Tourismus, und die Naturschützer sind auch zufrieden."Peter Hommerding vom Verband aller Teilnehmergemeinschaften im Land ist verantwortlich für die im Rahmen der Maßnahme nötigen Ausbauarbeiten - und denen kam das trockene Wetter der vergangenen Wochen und Monate zugute: Wegebau, Gewässer-Renaturierung und Pflanzungen. Um eine Straße in Gönnersdorf verbreitern zu können, wurde sogar ein kleines Fachwerkhaus versetzt. Mit Hommerdings Arbeit zeigen sich Anne-Ruth Windscheif und Josef Vietoris hochzufrieden: "Eine saubere Umsetzung", sagt die DLR-Mitarbeiterin. Hommerding hätte sogar noch mehr Wege anlegen können. Aber die Bauern winkten ab, um die Natur nicht stärker zu belasten: "Wir wollten nur das Allernötigste", sagt Josef Vietoris.Der Ausbau soll im Frühjahr beendet sein. Was noch bevorsteht, ist der Flächentausch im Zuge der Bodenordnung. Da dürfte es noch die ein oder andere Diskussion geben. "Aber das kriegen wir auch noch hin", sagt Josef Vietoris.Die Kosten der Maßnahme summieren sich auf rund 180 000 Euro. Die Beteiligten aus Gönnersdorf und Lissendorf brauchen allerdings nichts zu bezahlen: Das Ganze läuft als Pilotprojekt, weil die Bodenordnung erstmals zur Lösung von Nutzungskonflikten in einem FFH-Gebiet eingesetzt wird.

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