Das System krankt

PRÜM. (mr) Etliche Mediziner aus der Stadt Prüm und aus dem Prümer Land haben sich am Mittwoch am bundesweiten Protesttag der Ärzte beteiligt. Ihre Forderung: weniger Bürokratie, dafür eine "Eins-Plus-Behandlung" der Patienten.

Die Entwicklung des Gesundheitswesens bereitet auch den Ärzten in der Eifel Kopfzerbrechen. Beim gestrigen Protesttag ließen deshalb auch zahlreiche Mediziner aus dem Prümer Land ordentlich Dampf ab, weil das System ihrer Meinung nach krankt. In einer gemeinsamen Erklärung beklagen die Ärzte unter anderem "ständige Kontrollen und Nachfragen", durch die sie von den Krankenkassen belästigt würden. Inzwischen nehme die Bürokratie mehr Zeit des Arztes in Anspruch, als ihm für die Behandlung der Patienten zur Verfügung stehe. Claudia Steigerwald: "Es gibt in diesem Gesundheitswesen mittlerweile mehr Menschen, die kontrollieren, dass alles richtig läuft, als Menschen, die sich wirklich um die Patienten kümmern."Schlechte Bedingungen für junge Ärzte

"Mediziner, die frisch von der Uni kommen, haben heute ein echtes Problem", weiß deshalb auch Josef Schier. Der Prümer Sportmediziner verweist auf die enorm hohen Kosten eines Medizinstudiums, das von der Allgemeinheit mitfinanziert werde, aber irgendwann nicht mehr zum Tragen komme. Immerhin stünden junge Ärzte kaum noch wirtschaftlich annehmbaren Bedingungen gegenüber. Das sieht auch Kinderärztin Lydia Kunze so: "Künftige Mediziner tragen ein enormes Angstpotenzial mit sich." Also wächst auch in Kreisen der Eifeler Ärzte die Sorge, dass viele junge Kollegen ins Ausland flüchten, weil sie dort bessere Bedingungen vorfänden, wie die protestierenden Mediziner unisono erklärten. Auf der Strecke bleibe jedenfalls der Patient, der durch das so genannte Arzneimittel-Wirtschaftlichkeitsgesetz ebenso in Schwierigkeiten gerate wie der Arzt selbst. Schließlich seien dem Mediziner beim Verordnen des optimalen Medikaments künftig die Hände noch mehr gebunden als bisher ohnehin schon. Schlechte Noten für Politiker

Kein Wunder, dass die Ärzte aus Prüm und Umgebung weder auf die Krankenkassen, noch auf Bundesministerin Ulla Schmidt gut zu sprechen sind. "Die Politik muss ausloten, was gesellschaftlich möglich und gewollt ist", schimpfte Markus Kremer aus Waxweiler. Doch das geschehe nicht, weil die Politik schlicht zu feige dazu sei, polterte der Mediziner und vergab für das verbliebene Anrecht eines Kassenpatienten auf eine vernünftige Behandlung die Note "Vier minus". In die gleiche Kerbe schlug die Prümer Gynäkologin Ann Zwerenz: "Wir möchten unsere Patienten Eins plus behandeln", sagte sie und betonte, dass es inzwischen viele Patienten gebe, die Verständnis für die Mediziner aufbrächten. Mit Nachdruck fordern die Eifeler Ärzte nun eine "Positiv-Liste", auf der die Medikamente verzeichnet sind, die von den Kassen mitgetragen und finanziert werden. Nur so könne Ärzten Planungssicherheit und Bürokratieabbau in Aussicht gestellt sowie Patienten geholfen werden. Ob die übermächtige Pharma-Industrie da mitspiele, stehe indes auf einem anderen Blatt, hieß es gestern.

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