"Das zieht man nicht mit den Kleidern aus"

Auf einer Fläche von knapp 900 Quadratkilometern sorgt die Polizeiinspektion Bitburg für die Sicherheit von rund 70 000 Einwohnern und 15 000 US-Amerikanern und ermittelt mehr als 3000 Straftaten im Jahr. In ihrer Wache sammeln die Polizisten Urkunden von erfolgreichen Schieß- und Leichtathletik-Wettbewerben. Ein Blick hinter die Kulissen.

Bitburg. Das Telefon in der Wache in der Erdorfer Straße steht keine zwei Minuten still: Ein Bürger meldet einen Internet-Betrugs-Fall, ein Mann beschwert sich, dass sein Haus mit roter Farbe und rohen Eiern beschmiert wurde, der nächste Anrufer informiert über ein nicht zugelassenes Auto auf einem Firmengelände, es folgen ein Brand-Verdacht, zwei Ladendiebstähle und ein Unfall auf der B 50. Die Polizisten am anderen Ende der Leitung notieren alles mit, schicken über Funk ihre Kollegen im Streifenwagen raus und geben bei Bedarf die Nachrichten an die zuständigen Sachbearbeiter weiter. Zehn Anrufe in 20 Minuten. "Wir sind viel draußen und haben mit Menschen zu tun"

"So geht das den ganzen Tag", sagt Kommissarin Kerstin Fuxen, die aber genau diese Abwechslung in ihrem Beruf schätzt. "Es ist eben nicht ein reiner Schreibtisch-Job, wir sind viel draußen und haben mit Menschen zu tun", ergänzt Kommissarin Katrin Schmell. "Alles, was die Bürger belastet oder ihnen seltsam vorkommt, landet zunächst mal am Telefon der Wache", sagt Friedel Jaeger, Leiter der Polizeiinspektion (PI) Bitburg. "Wir fahren dann raus, überprüfen die Angaben und nehmen gegebenenfalls eine Anzeige auf, laden Zeugen vor und ermitteln", erklärt Jäger den weiteren Ablauf vom Anruf bis zum aufgeklärten Fall, der dann in der Polizei-Statistik auftaucht. Mehr als 3000 Straftaten wurden 2006 ermittelt, davon mehr als 65 Prozent aufgeklärt - das ist über dem Landesschnitt (63 Prozent). "Aber oft sind wir auch einfach nur Berater und Ansprechpartner", sagt Harald Weber, stellvertretender PI-Leiter. Denn nicht alle Anrufe, die im sogenannten Tages-Rapport zusammengefasst werden, ziehen Ermittlungen nach sich. "Wir sind froh, wenn die Leute sich bei uns melden. Denn Zeugenaussagen sind sehr wichtig für unseren Ermittlungserfolg", erklärt Jaeger. Es gilt die Devise: Lieber einmal zu viel anrufen, als einmal zu wenig. Was die beiden PI-Chefs schätzen, ist die gute Zusammenarbeit mit ihren Luxemburger Kollegen. Jaeger: "Wir haben 60 Kilometer gemeinsame Grenze." Deshalb gibt es Hospitations-Programme für die Kollegen, regelmäßige gemeinsame Besprechungen sowie Verkehrskontrollen und bei Bedarf werden auch Ermittlungs-Daten abgeglichen - etwa bei Einbruch-Serien oder Banküberfällen. Wenn's brenzlig wird, liegt die Hand am Pistolenhalfter

Für die Beamten sind Einbrüche keine ungefährlichen Einsätze. Schließlich sind die Täter ja meist bewaffnet und keiner weiß, ob sie vielleicht noch am Tatort sind. "Da kann man schon mal ein bisschen Herzrasen bekommen", sagt Kommissarin Fuxen. "Aber wir sind ja ausgebildet in Selbstverteidigung", erklärt ihre Kollegin Schmell. Trotzdem: In solchen Situationen liegt die Hand am Pistolenhalfter. Schlimm finden die Polizisten, wenn sie Verkehrstote bergen und Angehörigen die Todesnachricht überbringen müssen. "Wir haben eigentlich pro Woche mindestens eine Leichen-Geschichte", sagt Weber, "so was zieht man nicht mit den Kleidern aus." Deswegen wird den Polizisten Supervision angeboten, wo sie emotional aufwühlende Erlebnisse verarbeiten. Belastend ist auch der Schichtdienst - und die vielen Überstunden. Dennoch: Die Polizisten machen ihren Beruf mit Freude. Es zählt der Teamgeist. Die Wände der Bitburger Wache zieren Urkunden von erfolgreich absolvierten Schieß-Wettbewerben. Auch in Leichtathletik und Cross-Lauf haben die Bitburger die Nase vorn. HINTERGRUND Die Polizeiinspektion (PI) Bitburg ist mit einem Zuständigkeitsgebiet von 895 Quadratkilometern die flächenmäßig größte PI in Rheinland-Pfalz, hat rund 80 Mitarbeiter und wird zusätzlich von der Bereitschaftspolizei unterstützt. Die PI ist neben der Stadt Bitburg (14 000 Einwohner) auch zuständig für die Sicherheit in den Verbandsgemeinden Bitburg-Land (18 000 Einwohner), Neuerburg (10 000 Einwohner), Irrel (9000 Einwohner), Speicher (8300 Einwohner) und Kyllburg (8000 Einwohner) sowie für die 15 000 Amerikaner in ihrem Dienstbezirk. Besonderheiten ergeben sich durch die Grenzlage zu Luxemburg und durch die Airbase Spangdahlem, weshalb die Bitburger PI mit Luxemburger Kollegen und amerikanischen Sicherheitskräften eng zusammenarbeiten. Gearbeitet wird im Fünf-Schicht-Dienst rund um die Uhr. Neben dem Wechselschicht-Dienst gibt es Kriminal-Dienst, Bezirks-Dienst (Polizisten, die in den Räumen der VG-Verwaltungen als Ansprechpartner vor Ort sitzen), zwei Jugendsachbearbeiter, die Jugendverkehrsschule sowie Verwaltungsmitarbeiter. (scho)

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