Der Wald - viel mehr als ein Holz-Acker

Längst bewegt sich Forstwirtschaft im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit und Ökologie. Da passt das Öko-Konto der bei der Kreisverwaltung angesiedelten unteren Naturschutzbehörde gut ins Konzept. Dort können Punkte für ökologisch wertvolle Maßnahmen im Forst gesammelt werden, die dann bei Bau-Projekten als "Ausgleichsmaßnahme" abgebucht werden.

Bitburg/Steinborn. Es war der Holznot nach dem Krieg geschuldet, dass in etlichen Bachtälern häufig Fichten angebaut wurden. Denn Fichten wachsen sehr schnell. "Deshalb wurden ganze Bachtäler damit zugepflanzt", sagt Stefan Wigand, Leiter des Bitburger Forstamts. Das Problem: Die sonst an Bachläufen typische Fauna und Flora - wie etwa Erlenwälder, Feuchtwiesen mit Orchideen wie dem breitblättrigem Knabenkraut oder aber Sumpfdotterblumen - wurde zurück gedrängt, weil sie wegen der dunklen Fichtenwälder nicht mehr genug Licht bekamen. In Folge von weniger Bewuchs steigt auch das Problem der Bodenerosion. Hinzu kommt: "Fichten wurzeln im Gegensatz zu Erlen nicht sehr tief und fallen bei Stürmen leicht um. Erlen als bachbegleitender Bewuchs hingegen verhindern Erosion", erklärt Wigand.Ansprüche an den Wald haben sich geändert

"Heute befreien wir aus ökologischen Gründen wieder die Bachtäler vom starken Fichtenbewuchs", sagt Wigand. Die Zeiten haben sich geändert - und damit auch die Ansprüche an den Wald. War dieser in der Nachkriegszeit vor allem Holz-Acker, ist er inzwischen auch Erholungsgebiet, und die Bedeutung des Ökosystems Wald ist stärker ins Bewusstsein gerückt. Da kommt dem Forstamt das Öko-Konto, das seit 2005 bei der unteren Naturschutzbehörde bei der Kreisverwaltung geführt wird, gut zu pass. Denn mit Hilfe des Öko-Kontos kann das Forstamt ökologisch wichtige Maßnahmen ausführen, für die es sonst kein Geld gegeben hätte. "Unser Ziel ist es, dass wir den Wald dabei möglichst gut einbringen. Das verschafft uns das Geld, mehr für das Ökosystem Wald und den Erhalt der Kulturlandschaft zu tun", erklärt Wigand. Etwa wie im Staatswald St. Thomas, wo ein Bachlauf von Fichten befreit wurde, eine Streuobstwiese sowie Eschen und Ahornbäume entlang des Bachlaufs gepflanzt wurden. Zudem haben die Forstarbeiter Reinkulturen (meist Fichten) mit jungen Buchen aufgeforstet, da Mischbestände weniger schädlings-anfällig sind und ein sogenannter stufiger Waldaufbau (mit Bäumen verschiedenen Alters und Größen) ist windwurfsicherer als gleich alte Baumkulturen. Den ökologischen Wert dieser Arbeit erkannte auch die untere Naturschutzbehörde bei ihrer Prüfung an.Empfehlung an die Gemeinden

Maßnahmen wie diese plant das Forstamt nicht nur auf den wenigen Hektar Staatswald, sondern es berät auch die 62 Wald besitzenden Gemeinden in seinem Zuständigkeitsgebiet (siehe Bericht auf der folgenden Seite) sowie die Privatwaldbesitzer. "Ihnen empfehlen wir, wo sie einschlagen sollen, wo aufgeforstet werden muss und wo ökologische Maßnahmen angebracht wären", sagt Wigand. Auf dieser Basis werden dann die Forstwirtschaftspläne mit zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben aufgestellt, über die dann der Gemeinderat entscheidet. HINTERGRUND Das Öko-Konto-Prinzip: Entspricht eine ökologische Maßnahme dem Kriterienkatalog der unteren Naturschutz-Behörde, wird diese anerkannt und auf dem Öko-Konto verbucht. Steht nun ein etwa Straßenbau-Projekt an, für das laut Naturschutzgesetz Ausgleichsmaßnahmen fällig sind, können auf dem Öko-Konto auf Vorrat verbuchte Aktionen abgebucht - und damit auch finanziert - werden, vorausgesetzt es besteht ein räumlicher und vor allem funktionaler Zusammenhang zum entsprechenden Bau-Projekt. "Allerdings enden solche Zusammenhänge dank des Öko-Kontos nicht mehr an den Gemarkungsgrenzen der Gemeinden", sagt der Forstamtsleiter Stefan Wigand, der die Konto-Führung für eine wichtige Errungenschaft hält. (scho)

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