"Ein Drittel weniger Landwirte"

BITBURG. (gel) Die Bauern sind verunsichert: Schuld daran ist vor allem die EU-Agrarreform mit immer neuen Richtlinien, die der Landwirt beachten muss, wenn er keine Nachteile in Kauf nehmen will. Hinzu kommen neue Anforderungen der Banken bei der Kreditvergabe – "Basel II" lässt grüßen. Um diese Themen ging es beim Forum "Neuorientierung in der Landwirtschaft unter sich ändernden Vorzeichen".

Rund 200 Bauern waren der Einladung der Volksbank Bitburg in die Auktionshalle gefolgt. "Wie viele der Anwesenden werden wohl in zehn Jahren noch Landwirt sein", fragte TV-Redakteur Harald Jansen, der die Veranstaltung moderierte. "Ich schätze, es werden etwa ein Drittel weniger sein", war die Antwort von Hans Werner Baur. Er ist Ministerialrat im Mainzer Wirtschaftsministerium, dem das Ressort Landwirtschaft unterstellt ist. Baur referierte über die neuen Förderrichtlinien, mittels derer die Direktzahlungen an die Landwirte von der Produktion getrennt werden sollen. Statt dessen spielen Kriterien wie Umwelt- und Tierschutz sowie die Lebens- und Futtermittelsicherheit eine Rolle, wenn es darum geht, wie viel Geld der Bauer vom Staat bekommt. Wer als Landwirt weiterhin erfolgreich sein will, muss sich diesen Vorgaben unterordnen. Unter Umständen ist eine komplette Umstrukturierung des Betriebes erforderlich. Dazu sind aber offenbar viele nicht mehr bereit. "Rheinland-Pfalz ist das Land mit der geringsten Hofnachfolge-Bereitschaft", sagte Baur. So erkläre sich, dass die Zahl der Landwirte immer weiter zurückgeht. Überdies wandelt sich der Beruf des Landwirts mehr und mehr vom "einfachen Bauern" hin zum Unternehmer. Dazu gehört unter anderem die kaufmännische Buchführung im Betrieb, die für die Landwirte in den 70er Jahren eingeführt wurde. Demnächst gelten für den Landwirt auch bei der Aufnahme eines Kredites bei der Bank die gleichen Anforderungen wie für den Schreiner oder den Bauunternehmer von nebenan. Das Stichwort heißt "Basel II". Dahinter verbirgt sich eine Richtlinie, die den Banken vorschreibt, welche Anforderungen sie bei der Vergabe von Krediten beachten müssen. Ein wesentliches Merkmal ist das Rating - eine Art Benotung. Stellt der Landwirt einen Kreditantrag, wird er von seiner Bank bewertet und erhält, einfach formuliert, eine Gesamtnote. Je besser die ausfällt, umso günstiger sind tendenziell die Konditionen für den Kredit. "Hier kommt es vor allem auf die Wirtschaftlichkeit an", sagt Gerd Wesslmann, Agrarexperte der WGZ-Bank. Eine wesentliche Kennzahl sei der Gewinn. "Der muss mindestens 50 000 bis 70 000 Euro pro Jahr betragen, Größe spielt da keine Rolle", so Wesselmann. "Viele Landwirte verstehen das nicht und sagen: Ich hab doch so viel Land." Die WGZ Bank und die Raiffeisenbanken haben im Internet die Seite www.agrar-rating.de eingerichtet. Dort sieht der Landwirt, wie ein Rating aussieht, und er kann sich anhand eines Online-Fragebogens seine derzeitige Bonität ausrechnen, ohne dass Daten weitergeleitet werden.

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