Einer kommt – fünf gehen in Rente: Bis 2020 müssen im Eifelkreis Bitburg-Prüm 43 Ärzte ersetzt werden

Kyllburg/Prüm · Erschreckende Zahlen: Laut Kassenärztlicher Vereinigung Rheinland-Pfalz müssen bis 2020 im Eifelkreis Bitburg-Prüm altersbedingt 43 Arztstellen nachbesetzt werden. Aktuell fehlen 10,5 im Kreis. In Kyllburg und in Mettendorf haben im vergangenen Jahr insgesamt drei Hausärzte aufgehört zu praktizieren.

Einer kommt – fünf gehen in Rente: Bis 2020 müssen im Eifelkreis Bitburg-Prüm 43 Ärzte ersetzt werden
Foto: Patrick Seeger (e_bit (d)

Zuletzt waren es gute Nachrichten: In Bleialf hatte man mit einer Werbekampagne im Internet nach neun Jahren Suche endlich eine Ärztin gefunden, die die Nachfolge des scheidenden Allgemeinmediziners Horst Klein übernimmt.
In Kyllburg war die Suche bislang noch nicht erfolgreich. Seit das Ärzteehepaar Sybille und Helmut Freres im Juli 2015 in Rente gegangen ist und die Gemeinschaftspraxis mit Matthias Ihßen verlassen hat, ist dort wieder Platz. Ebenso in Mettendorf.

Laut Kassenärztlicher Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz, zuständig für die Verteilung, gibt es noch keine Unterversorgung im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Für einige Fachgruppen, vom Augen- bis zum Zahnarzt, sind die Planungsbereiche wieder geöffnet und es bestehen somit Niederlassungsmöglichkeiten für Hausärzte. Im KV-Bezirk Bitburg müssen 5,5 Arztsitze aktuell besetzt werden, im Raum Prüm fünf. Außerdem wäre im Eifelkreis Bitburg-Prüm Platz für zwei Augenärzte, einen Hautarzt und einen "halben" Hals-Nasen-Ohren-Arzt.

Bis vor fünf Jahren hat es in Kyllburg noch vier Hausärzte gegeben, jetzt ist Matthias Ihßen der letzte im Ort. Das Problem besteht aber nicht nur dort. "Es gibt große Nachwuchsprobleme im hausärztlichen Bereich", sagt Burkhard Zwerenz, erster Vorsitzender des Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz, aus Prüm. In Rheinland-Pfalz werden in den kommenden Jahren 750 Hausärzte fehlen, prognostiziert er. "Im Moment sind rund 2500 Ärzte tätig, 30 Prozent davon werden aus Altersgründen ausscheiden." Gebraucht würden pro Jahr 100 neue Kollegen, "wir haben aber noch nicht mal 20".

Im Vulkaneifelkreis hat man das Problem erkannt und 2012 eine Strategie zur Sicherung der Gesundheitsversorgung verabschiedet und alle Akteure an die runden Tische geholt.
Der Eifelkreis Bitburg-Prüm ist beim Thema Gesundheitsversorgung aber auch nicht untätig geblieben. Das Konzept des Kreises sieht die Bildung von Kooperationsräumen im Umkreis von Versorgungszentren vor, die über den tatsächlichen Bedarf der Bürger definiert werden, erklärt Thomas Hoor, zuständig für die Kreisentwicklung bei der Verwaltung. In Prüm, Arzfeld und Speicher laufen bereits die landesgeförderten Zukunftswerkstätten Gesundheit. Außerdem sollen fünf weitere Werkstätten mit Akteuren des Gesundheitssektors, Ärzten und Experten eingerichtet werden.

In Zukunft dürfe man die Dörfer nicht mehr isoliert sehen, sondern müsse Planbereiche in den Blick nehmen, sagt Helmut Berscheid, Amtsleiter für Kreisentwicklung. Die Gemeinschaftspraxis von morgen müsse anders organisiert sein. Dort könnten dann auch junge, neue Kollegen im Angestelltenverhältnis arbeiten. "Der neue Arzt muss nicht mehr an einem bestimmten Standort sitzen. Wir müssen überlegen, was möglich ist und wo es möglich ist", sagt er. Ein Konzept wie das Gesundheitszentrum in Neuerburg mit mehreren Arztpraxen verschiedener Fachrichtungen könnte auch auf andere Räume übertragbar sein.

Das wäre eine Möglichkeit, bestätigt Zwerenz. Zurzeit gebe es eine Initiative auf Bundesebene. "Es laufen Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und Ärzten, die dazu führen sollen, dass Weiterbildungsassistenten in den Hausarztpraxen besser gefördert werden." Die wenigsten Praxen seien nämlich in der Lage, den jungen Ärzten ein Gehalt zu zahlen, wie es im Krankenhaus üblich ist. Gäbe es die Unterstützung vom Bund, wäre dies ein Hoffnungsschimmer, sagt Zwerenz.

Doch selbst wenn es mittels Förderprogramm gelänge, neue Ärzte aufs Land zu locken, würden nicht mehr an allen bisherigen Standorten Hausarztpraxen zu halten sein, glaubt er. "Wir haben in der nachrückenden Generation keine Bereitschaft mehr, 60 Stunden die Woche zu arbeiten. Es werden immer mehr Teilzeitstellen nachgefragt - das finde ich auch absolut in Ordnung", sagt Zwerenz. "In Gruppenpraxen hätten wir die Möglichkeit, alle Arbeitsmodelle anzubieten. Man kann Wege finden, Arbeit so zu organisieren, dass damit allen geholfen ist."

Die Kommunen und der Kreis könnten zwar keine Hausärzte backen, aber sie könnten helfen, die Versorgung zu organisieren. "In Arzfeld und in Waxweiler gibt es Bürgerdienste, die Fahrten anbieten, für Menschen, die kein Auto haben. Die fahren zum Beispiel die Leute in die nächste Arztpraxis."
Kyllburgs Bürgermeister Wolfgang Krämer hat die Hoffnung auf einen zweiten Allgemeinmediziner für die Stadt noch nicht ganz aufgegeben. Auf der Internetseite der KV hat er Kyllburg in der Rubrik "Ort sucht Arzt" (siehe Extra) registriert. Extra: Ort sucht Arzt

Die Kassenärztliche Vereinigung bringt Orte, die einen Arzt oder einen Psychotherapeuten suchen, mit Ärzten zusammen, die sich für eine Niederlassung interessieren. Auf der dafür eingerichteten Internetseite haben die Dörfer die Gelegenheit, sich und ihr Angebot zu präsentieren.
www.kv-rlp.de/institution/engagement/ort-sucht-arzt/

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