Eltern, haltet durch!

Anstatt, so lange es geht, unbeschwert durch das (in der Eifel noch recht naturbelassene) Gelände der Kindheit zu streifen, sollen Kinder demnächst schon mit fünf zur Schule, wenn nicht gar früher. Vierjährige "i-Dötzchen", die sich unter der Last ihres kiloschweren Ranzens die steilen Tritte zum Schulbus hinaufkämpfen - diese plastische Vorstellung sollte vielleicht auch den noch einmal zum Nachdenken bringen, der allzu schnell diese neueste bildungspolitische Initiative hochlobt. Das über dem kleinen Rücken aufgetürmte Gepäck symbolisiert gut die enormen Lasten des Schulalltags, die ein Kind, das dafür noch nicht bereit ist, schwer niederdrücken können. Der Wolsfelder Rektor Josef Kewes bringt - ungewollt - die damit verbundenen Risiken genau auf den Punkt, indem er auf das Hintertürchen deutet: Wenn sich herausstellt, dass es zu früh war, kann ein Kind ja auch wieder ausgeschult werden. Dass man es - ungeachtet der schon erlittenen Verletzungen des Kindes - darauf ankommen lässt, öffnet den Blick für die "bildungs"-politischen Absichten in Mainz und anderswo. Es geht nämlich weniger um das Wohl des Kindes als um das anderer gesellschaftlicher Kräfte. Zunächst einmal wird die Statistik bemüht. Über eine willkürliche Zielvorgabe wird ein niedrigeres Einstiegsalter angepeilt. Als ob die Statistik (Einschulungsdurchschnittsalter von 6,5 Jahren) irgendetwas darüber aussagen könnte, ob ein Kind nun soweit ist oder nicht. Immerhin vertrauen da einige Rektoren schon eher auf Kindergärtnerinnen, die wenigstens Sinnvolles und Belegbares zum Thema Schulreife beisteuern können. Doch auch das kann nicht davon ablenken, dass eine Clique eindeutig geschwächt werden soll: die der Eltern. Allein in ihrer Verantwortung muss es aber bleiben, wann sie ihre Kinder in die Schule führen. Und alle diesbezüglichen Entmündigungsversuche nähren den Verdacht, dass es eher um anderes geht als um das Kindeswohl - vom Interesse berufstätiger Mütter an leichterer Planbarkeit des Alltags über das Interesse des Staates an einem grundsätzlich längeren Erwerbs- und einem kürzeren Rentenleben bis hin zum Interesse von Schulen an genehmen Schülerzahlen. Was also ist das Beste an der auf den Weg gebrachten Neufassung des Schulgesetzes? Dass sie eine Kann-Bestimmung ist, von der sich verantwortlich handelnde Mütter und Väter hoffentlich nicht beeindrucken lassen. m.pfeil@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort