Hoffen auf "Kommissar Zufall"

OLZHEIM/PRÜM/TRIER. Den Ermittlern läuft die Zeit davon: Am 19. September verjährt das Verfahren gegen einen rücksichtslosen Raser, der vor fünf Jahren auf der Bundesstraße 51 bei Olzheim einen Verkehrsunfall verschuldete, bei dem drei Menschen ihr Leben ließen.

"Es war nach fünf Wochen Regen der erste Tag, an dem die Sonne wieder schien." Polizeihauptkommissar Gerhard Kauth erinnert sich noch genau an den 19. September 1998 und an den Moment, als er die Unfallstelle erreicht. Ein Trümmerfeld tut sich auf, nachdem es dort wenige Minuten zuvor zur folgenschweren Kollision eines Mercedes mit einem holländischen Wohnwagengespann gekommen ist. Die Brüder Frank (24) und Ingo (18) Rings aus Nimshuscheid sind auf der Stelle tot, ebenso ein Urlauber aus Holland. Alle drei sind Opfer eines rücksichtslosen Überholmanövers geworden: Der Fahrer eines silbernen Porsche mit dem Kennzeichen S für Stuttgart hat den Niederländer überholt und dabei Franks Auto gestreift. Der junge Mercedes-Fahrer verliert daraufhin die Kontrolle über sein Fahrzeug und stößt frontal gegen das Wohnwagengespann. Für die drei Männer kommt jede Hilfe zu spät, die Mutter der Jungen und die Beifahrerin des Holländers werden schwer verletzt. Von dem Porsche-Fahrer fehlt auch heute noch, nach fünf Jahren, jede Spur. Kurz vor der Verjährung unternehmen Polizei und Staatsanwaltschaft nun den letzten Versuch, über gezielte Öffentlichkeitsarbeit nach dem letzten Strohhalm zu greifen. Sie geben nicht auf, denn sie wissen: "Wenn sich einen Tag nach der Frist ein Verdächtiger bei mir vorstellt, dann muss ich den laufen lassen", wie der Leitende Oberstaatsanwalt Horst Roos erklärt. Eine Vorstellung, mit der auch Hauptkommissar Kauth schlecht leben kann: "Ich weiß nicht, was ich dann machen würde, aber das Thema ist ab dem 20. September rechtlich gegessen." Deshalb hoffen Roos und Kauth noch auf einen Hinweis, damit vor der Verjährung ein neues Verfahren eröffnet werden kann. Kauth: "Ich hoffe immer noch auf Kommissar Zufall. Der hat schon oft geholfen." Drei dringend Verdächtigen ist nichts nachzuweisen

Egal, wie es ausgeht: Die Fahndung nach dem Porsche-Fahrer war bis heute eine der umfangreichsten in der Geschichte der Polizei in Rheinland-Pfalz. Drei dringend Tatverdächtige standen auf der Liste der Ermittler, darunter ein Porsche-Fahrer aus der Eifel, der genau an besagtem Tag die B 51 befahren hat. Aber ihm konnte bis heute nichts nachgewiesen werden - auch nachdem sein Wagen von Porsche-Mitarbeitern und Spezialisten des Bundeskriminalamts (BKA) auf den Kopf gestellt wurde. In erster Linie konzentrierten die Fachleute sich dabei auf die Beschädigung des linken Außenspiegels, mit dem der Porsche den Mercedes beim Einscheren berührt haben soll. "Da gab es Gutachten mit allem drum und dran, aber für eine Anklage reichte es nicht", erzählt Gerhard Kauth. Auch all die Versuche, die Porsche auf dem Werksgelände in Stuttgart startete, halfen nichts. Bei Tempo 120 stellte man die Berührung eines Porsche und eines Mercedes nach, deshalb war man sich schnell einig: "Eigentlich müsste der Porsche-Spiegel Risse oder Kratzer haben. Und sich einen neuen Spiegel zu besorgen, ist nicht einfach, das geht nur über Beziehungen", weiß Ermittler Kauth. Im Sande verlaufen sind derweil auch die Ermittlungen, die auf die Kennzeichen ST (Steinfurt), SB (Saarbrücken), SI (Siegen), SL (Schleswig) und SU (Siegburg) ausgedehnt wurden. Auch Österreich (S für Salzburg) kam auf den Prüfstand. Insgesamt ermittelte die Polizei mehr als 500 Porsche, davon 270 vom Typ Boxter. Als absolut abwegig bezeichnet Gerhard Kauth indes anonyme Hinweise und Gerüchte, wonach es sich bei dem Porsche-Fahrer um einen Prominenten gehandelt habe, dem es gelinge, den Fall unter der Decke zu halten. Auch das Gerücht, wonach ein hoher Geistlicher in den Unfall verwickelt sein könnte, entbehrt dem Polizisten zufolge jeder Grundlage. Ermittlungen in Prominentenkreisen

Gleichwohl fahndete die Polizei bundesweit in Prominenten-Kreisen, sogar gegen den Sohn eines bekannten Entertainers wurde ermittelt. Doch alles Fehlanzeige. Dafür haben die Beamten bei diesen Gelegenheiten ein paar andere Delikte aufgedeckt, und "vielleicht ist dabei auch die eine oder andere Ehe geschieden worden", vermutet Gerhard Kauth. Also bleibt der Polizist dabei: "Wir haben nicht mehr viel Zeit. Bis zum 19. September hoffe ich weiter auf Kommissar Zufall." Mit dem Porsche-Unfall beschäftigt sich am Dienstag, 9. September, 22.55 Uhr, die RTL-II-Sendung "Die Redaktion".

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