Mildes Urteil für Ex-Angestellte

Trier · Weil die Handwerkskammer ihm seine Überstunden nicht bezahlte, hat sich ein ehemaliger Mitarbeiter das Geld dafür auf anderem Weg beschafft. Vom Trierer Amtsgericht ist er dafür zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Zwei ehemalige Dozenten wurden wegen Beihilfe verurteilt. Der Ex-Leiter des Umweltzentrums der Kammer wurde freigesprochen.

Trier. Etliche Überstunden hatte Jürgen L. 2007 damit verbracht, die Weiterbildungskurse des Umweltzentrums (UWZ) der Trierer Handwerkskammer zu organisieren. Dass seine Leistung weit über dem lag, was die Handwerkskammer ihm bezahlte, bestreitet der damalige Leiter des UWZ, Theo B., nicht. "Aber L. hatte die Aussicht auf eine Führungsposition", erklärt B., warum er die unbezahlte Mehrarbeit verlangte.
Doch L. suchte sich einen Weg, Geld für die Überstunden zu erhalten: Er überredete zwei Dozenten, Abrechnungen einzureichen über Unterrichtsstunden, die sie gar nicht gehalten hatten. Das Geld, das die Kammer den Dozenten überwies, leiteten diese an L. weiter - einer gut 10 000 Euro, der andere gut 3000 Euro. Die 2500 Euro Steuern für diese 13 000 Euro zusätzlichen Lohn führte L. erst ab, als die Staatsanwaltschaft ihm schon auf den Fersen war. Seinen Gläubigern hielt der über beide Ohren verschuldete L. das Geld vor.
Verwarnung statt Geldstrafe


"Die beiden Dozenten kannten Ls finanzielle Lage und wussten, dass das Geld, das sie ihm zuführten, den Gläubigern nicht zur Verfügung stand", begründete Richter Ullrich Kasel sein Urteil. Statt der von Staatsanwalt Wolfgang Bohnen geforderten Geldstrafe verwarnte Kasel die beiden Dozenten.
Den ehemaligen Leiter des UWZ, ebenfalls angeklagt wegen sogenannter Beihilfe zum Bankrott und zur Steuerhinterziehung, sprach Kasel frei: "Wir wissen nicht, ob B. von diesem Abrechnungsmodus wusste, da steht Aussage gegen Aussage."
Auch beim Hauptangeklagten L. blieb Kasel unter der vom Staatsanwalt geforderten fünfmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung. Stattdessen verurteilte er L. - trotz einer erheblichen Vorstrafe wegen Betrugs - zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je zehn Euro.
"Ich halte das Urteil gegen L. für zu milde und stelle auch den Freispruch von B. infrage", kommentierte Staatsanwalt Bohnen das Urteil auf TV-Nachfrage. Der Staatsanwalt will prüfen, ob er gegen das Urteil Rechtsmittel einlegt.
Interessant war der Prozess ohnehin nicht wegen der eher marginalen Straftaten. Vielmehr gab die Verhandlung Einblicke in die Verhältnisse bei der HWK, die 2007 in einen Skandal um zu Unrecht beantragte Fördermittel geschlittert war in dessen Folge der Hauptgeschäftsführer, sein Stellvertreter und zwei Abteilungsleiter - darunter auch der ehemalige UWZ-Leiter B. - ihre Jobs verloren. Alle vier sind vor dem Koblenzer Landgericht angeklagt wegen des Verdachts auf Subventionsbetrugs. Die Verhandlung ist noch nicht terminiert.
Doch schon durch den Trierer Prozess ziehe sich "wie ein roter Faden, dass das, was auf HWK-Rechnungen draufstand, offenbar nicht dem entsprach, was in der Wirklichkeit passierte", sagte Staatsanwalt Bohnen am Dienstag in seinem Plädoyer. Ein Indiz dafür hatte zuvor eine Zeugin geliefert, die als Sekretärin im UWZ beschäftigt war: "L. hat auch Fahrtkosten abgerechnet, obwohl er gar kein Auto hatte." Als sich die Unregelmäßigkeiten - unter anderem auch Fördergelder, die Kursteilnehmern vorenthalten worden seien - häuften, habe sie UWZ-Leiter B. ihre Bedenken mitgeteilt.
"Der ist aber gar nicht darauf eingegangen - wohl, weil er wusste, dass das Fass ohnehin bald überlaufen und das Bekanntwerden des ganzen Chaos sich nicht mehr aufhalten lassen würde."

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